Essen. . Die „Kettwig“ startet auf dem Rhein-Herne-Kanal in die neue Saison. Arbeiten an den Schleusen sind ein Hindernis. Dafür winkt ein neuer Anleger.
Anker auf! Die Weiße Flotte Baldeney läutet am Mittwoch, 13. Juni, die Saison auf dem Rhein-Herne-Kanal ein. Flottenchef Franz-Josef Ewers formuliert ehrgeizige Ziele. Das Potenzial, das die Wasserstraße den Anrainern biete, werde noch längst nicht ausgeschöpft. Doch auch in diesem Jahr könnte es eine Fahrt nicht frei von Hindernissen werden.
Acht Sommer sind vergangen, seit die Weiße Flotte Baldeney im Kulturhauptstadtjahr 2010 auf der Bundeswasserstraße zu neuen Ufern aufbrach. „Wir waren voll der Hoffnung, dass uns die Anrainer-Städte tragen“, erinnert sich Franz-Josef Ewers, Geschäftsführer der kommunalen Schifffahrtsgesellschaft. Die so oft beschworene interkommunale Zusammenarbeit, sie gestaltete sich als zäh. Ein Beispiel: Hinweisschilder zu den Anlegern suchten Fahrgäste anfangs vergebens. 2016 stellte die Weiße Flotte den Linienverkehr sogar vorübergehend ein.
7500 Fahrgäste stiegen im vergangenen Jahr zu
Mittlerweile hat das Fahrgastschiff auf dem Kanal aber Fahrt aufgenommen. „Alle sind an Bord“, sagt Ewers in Anspielung an die Partner in Oberhausen und Gelsenkirchen. Gemeinsam rührt man die Werbetrommel. Auch der Regionalverband Ruhr ist mit im Boot, wirbt für den „Kulturkanal“, will Touristen den Strukturwandel aus ungewohnter Perspektive vom Wasser aus näher bringen. Die Weiße Flotte will laut Ewers zudem auch jenen ein „verlässlicher Partner sein“, die ein Stück des Weges mit dem Schiff zurücklegen wollen. Linienverkehr und Tagesausflüge – im Fahrplan findet sich beides.
7500 Fahrgäste stiegen im vergangenen Jahr zu, 5000 fuhren „Linie“. Zum Vergleich: 2017 beförderte die Flotte insgesamt 90 000 Passagiere. Ewers ist überzeugt, da geht noch mehr. Für die Stadtplaner rückt der Rhein-Herne-Kanal vom Rand ins Zentrum. Die Entwicklung ehemaliger Bergbauflächen zu beiden Seiten der Wasserstraße unter dem Slogan „Freiheit Emscher“, eröffnet auch dem Schiffsverkehr neue Perspektiven. Ewers wirbt für mehr Mut: „Wir brauchen eine Marina.“ Andere Städte wie Herne und Gelsenkirchen hätten es vorgemacht.
Also volle Kraft voraus? Im Tagesgeschäft ist eher Geduld gefragt. Immer dann, wenn es am Kanal Schleusen zu überwinden gilt. Die Bauwerke sind in die Jahre gekommen, Inspektionen und Reparaturen inzwischen Routine. Wartezeiten inklusive. Im Interview mit dieser Zeitung hatte der Leiter des zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Duisburg-Meiderich vor einem Jahr eingeräumt, dass viele Schleusen marode seien. Der Behörde mangele es nicht an Geld, sondern an Personal, um die Sanierung zu planen und das Geld beim Bund abzurufen.
Vom 18. Juni bis 27. Juli ist die Schleuse Gelsenkirchen an der Reihe, eine von zwei Kammern ist dann gesperrt, Fahrgastschiffe genießen deshalb nicht wie sonst üblich Vorrang, sondern müssen sich hinter Binnenschiffern einreihen. Im vergangenen Jahr verzögerte sich die Reise zur Kirmes Crange schon mal um satte zwei Stunden.
Weiße Flotte wünscht sich barrierefreien Einstieg
Barrierefreiheit würde sich die Weiße Flotte auch beim Zustieg wünschen. Der Anlieger an der Zweigertbrücke liegt in Karnap, an der Nord-Seite des Kanals unterhalb der Spundwand. Für die Passagiere heißt das: Treppen steigen. Auf der Südseite an der Böschung wäre der Einstieg bequemer. Der Bau eines Anlegers wäre allerdings „schwierig“ und „kostspielig“, heißt es beim Wasserstraßen-Schifffahrtsamt. Zu prüfen wäre, ob ein solcher nicht zu weit in den Wasserweg hineinreichen würde. Optimistisch klingt das nicht.
Festmachen kann die „Kettwig“ dafür wohl in naher Zukunft im Hafen Graf Bismarck. Die Stadt Gelsenkirchen baut dort einen Anleger und hat der Weißen Flotte einen festen Liegeplatz angeboten. Zur Zoom-Tiererlebniswelt sind es von dort nur etwa 500 Meter, auch das ein attraktives Ziel.
Ihren Liegeplatz im Essener Stadthafen könnte die „Kettwig“ dann aufgeben. Dort macht sie an einer neun Meter hohen Spundwand fest. „Wir müssen jeden Kasten Wasser einzeln runtertragen“, sagt Ewers. Man ahnt es: Ein Vergnügen ist das nicht.