Essen. Die Appartement-Siedlung Grüne Mitte hat die Nord-City enorm aufgewertet. Bewohner ärgern sich aber über Müll, Gänsekot und wucherndes Unkraut.
Wenn der Manager Claus-Dieter Grabner sein Appartement in der Meyer-Schwickerath-Straße im Univiertel („Grüne Mitte“) verlässt, verdunkelt sich oft seine Miene. Mal ärgert er sich über Algen in den Teichen und wucherndes Unkraut, mal über überquellende Mülleimer und Gänsekot. Vor fünf Jahren gehörten die Grabners zu den ersten, die erwartungsfroh ins neue Allbau-Quartier „Pier 78“ zogen. Heute zieht der 61-Jährige ernüchtert Bilanz: „Ich habe mir das anders vorgestellt und die Sorge, dass es hier eines Tages kippt.“
Dienstag 11 Uhr an der Promenade: Rudolf Glinka von der „Essener Arbeit“ steht mit seiner grünen Anglerhose bis zur Brust im Wasser und wirft kiloweise Algen ans Ufer. „Im Sommer wuchert das Zeug wie verrückt, wir sind dann täglich hier und jedes Mal ist ein Anhänger voll.“ Manchmal fische er sogar Einkaufswagen und Fahrräder, Messer und Nudeln heraus.
Drei Männer seines Teams kämpfen derweil mit Schrubbern und Wassereimern gegen die stinkenden Hinterlassenschaften der Kanada- und Nilgänse an. Erfreulicherweise sei das Kotproblem geringer geworden. Letztes Jahr seien es noch 90 Kanadagänse gewesen, jetzt 20. Aber die Plage sei geblieben. „Was wir frühmorgens gesäubert haben, kann mittags schon wieder verdreckt sein“, sagt einer.
„Neben den Tauben freuen sich auch die Ratten über dieses Zubrot . . .“
Auf großen Schildern („Füttern verboten“) werden Spaziergänger zwar vor falsch verstandener Tierliebe gewarnt, aber längst nicht alle halten sich daran. Und nicht nur Tierfreunde kommen zu den Teichen. Anwohner beobachten regelmäßig, dass Gastronomen aus der nahen Friedrich-Ebert-Straße im Park gerne Küchenabfälle entsorgen. „Neben den Tauben freuen sich auch Ratten über dieses Zubrot …“, heißt es in einer E-Mail an den Ordnungsdezernenten, den Grabner Anfang Juni bittet, für Abhilfe zu sorgen.
Noch vor wenigen Jahren gehörte diese Ecke zu den schmuddeligsten des Nordviertels. Einst Güterbahnhof und Kirmesplatz, später eine kahle Schotterfläche, die Hunderttausende Techno-Fans bei der Love Parade in einen vibrierenden Dance-Floor verwandelten. Dann revitalisierte der Allbau als erster Investor die trostlose Brache in ein „neues urbanes Viertel“ – mit schicken Appartements und hoher Aufenthaltsqualität. Für Grabner ist dieser hohe städtebauliche Anspruch zugleich Messlatte. „Wenn die Mieten auf Bredeneyer Niveau sind, muss mehr getan werden, damit das Umfeld nicht verwahrlost.“
Sperrmüll am grünen Trafokasten und das Gras hoch
Mitarbeiter des benachbarten AOK-Bürokomplexes treffen sich zur Zigarettenpause am Wasser. „Montags morgens liegt hier reichlich Müll vom Wochenende rum“, heißt es. Zwar gelte die Regel, dass Müll selbst entsorgt werden müsse, aber viele würden die mit Einweggrills gefüllten blauen Abfallsäcke einfach liegen lassen.
An diesem Dienstagmorgen fällt an der Promenade nur ein überquellender Mülleimer auf, dessen Schloss demoliert ist. Am grünen Trafokosten in der Meyer-Schickerath-Straße mehrt sich unterdessen der Sperrmüll: Teppiche, Mobiliar, ein Koffer – auch das Gras schießt in die Höhe.
Rafael Mamro wohnt seit Herbst 2015 in der Meyer-Schwickerath-Straße. Für das 78-Quadratmeter-Appartement zahlt der Ingenieur für IT-Sicherheit 1086 Euro warm. Die Häuser selbst seien top, aber das Umfeld findet auch er ungepflegt: „Das Gras wird zu selten gemäht und in dem Abschnitt zur Uni hin fehlen Abfalleimer.“
Grün & Gruga will Grünpflege ausdehnen
Bei Grün & Gruga wird der Pflegezustand des Univiertels nach einem Kontrollgang als „akzeptabel“ bezeichnet. Aber: „Die Situation an der Meyer-Schwickerath-Straße und der Bargmannstraße wie auch an der Käthe-Larsch-Straße ist tatsächlich nicht zufriedenstellend“, räumt Sprecher Eckhard Spengler ein. Man werde die Flächen mit in die „Straßenbegleitgrünpflege“ aufnehmen, obwohl sie gar nicht zum Park gehörten.
Auf die Vermietung der Pier 78-Wohnungen scheinen sich Müll, Gänsekot und Unkraut nicht auszuwirken. „Von den 78 Wohnungen steht nur eine leer“, sagt Allbau-Sprecher Dieter Remy.