Essen. . Die Essener Bahnhofsmission führt einmal im Monat Senioren durch den Hauptbahnhof. Mit dem Rundgang sollen Unsicherheiten abgebaut werden.
Freitagnachmittag um 16 Uhr am Essener Hauptbahnhof: Der Feierabendverkehr ist im vollem Gange, hinzu kommen Konzertgänger, die sich zu den Shuttlebussen zum Stadion Essen schlängeln. Es ist voll, laut und unübersichtlich.
Zwischen dem Gewusel steht Tobias Duhme und zeigt gelassen auf einen Fahrstuhleingang: „Hier geht es runter zu den U-Bahnen“, sagt er und erntet interessiertes Nicken. Der Student der Sozialen Arbeit ist seit Februar für die Bahnhofsmission tätig und führt an diesem Tag gemeinsam mit Nadine Wittmann eine kleine Gruppe von Senioren durch den Essener Hauptbahnhof.
Neben den schwer erkennbaren Fahrstuhleingängen zeigt Duhme den Teilnehmern die Behindertentoilette, erklärt das Blindenleitsystem und stellt den Begleitservice der Ruhrbahn vor.
Finanzielle Förderung von der Stadt
Der Rundgang ist Teil des Projekts „Bahnhofsmission 60+“, das die Hilfsorganisation seit 2017 anbietet. Ziel ist es, Senioren Unsicherheiten im Umgang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu nehmen, sagt Nadine Wittmann, stellvertretende Leiterin der Bahnhofsmission. „Wir sind die erste Bahnhofsmission, die solche Führungen anbietet.“ Dafür erhält die Mission finanzielle Unterstützung des Seniorenbeirats der Stadt. Bis Ende 2018 läuft die Kooperation, zwei 450- Euro-Stellen konnten geschaffen werden.
Teilnehmer wollen mobil bleiben auch ohne Auto
Besonders beliebt sei die Führung bei Senioren, die in den vergangenen Jahren ausschließlich mit dem Auto unterwegs waren und künftig auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen müssen, erklärt Wittmann.
So wie Teilnehmerin Herta B.. Sie ist seit zwei Jahren auf Bus und Bahn angewiesen und erhofft sich durch den Rundgang mehr Selbstsicherheit am Essener Hauptbahnhof: „Nur wenn man sich auskennt, kann man sicher unterwegs sein.“
Kriminalität kein großes Thema
Die Gruppe kommt auch an der Wache der Bundespolizei vorbei. „Hier können Sie sich melden, wenn Sie etwas beobachtet haben oder selber Hilfe brauchen“, erklärt Nadine Wittmann den Teilnehmern, die den unauffälligen Eingang auf der Verteilerebene des Bahnhofs bislang nicht kannten.
„Größere Hinweisschilder wären hier angebracht“, lautet das einhellige Urteil. Ansonsten spielt das Thema Kriminalität während der Führung keine große Rolle. Einen Eindruck, den Nadine Wittmann von früheren Führungen bestätigen kann. „Für die Senioren stehen Unsicherheiten mit moderner Technik und die Orientierung im Vordergrund.“
Positives Fazi nach einstündiger Führung
Für Tobias Duhme ist die Führung am Freitag seine Premiere. Drei Wochen hat er sich auf die vielen Fragen der Teilnehmer vorbereitet. „Es ist ein bisschen wie ein Referat in der Uni zu halten. Den Trubel muss man dabei ausschalten“, erklärt er. Mit seinem ersten Rundgang zeigt er sich zufrieden: „Es ist schön, wenn man Leuten etwas zeigen kann, was sie noch nicht kennen.“
Auch die Teilnehmer der Führung zogen nach dem einstündigen Rundgang ein positives Fazit. So etwa Ilona Braun. Sie war zur Führung gekommen, weil sie bei einer früheren Zugreise nicht den richtigen Waggon gefunden hatte und am falschen Ende des Bahnsteigs stand. Dieses Missgeschick wird ihr in Zukunft nicht mehr passieren: „Ich habe heute sehr viel dazu gelernt, was ich vorher noch gar nicht kannte.“
>>> Die Bahnhofsmission Essen
Insgesamt rund 30 000 Mal pro Jahr wird die Hilfe der Essener Bahnhofsmission in Anspruch genommen.
Die Bahnhofsmission wird von mehr als 50 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt.
Der kostenlose Bahnhofs-Rundgang dauert rund eine Stunde. Er findet regelmäßig am letzten Freitag im Monat um 16 Uhr statt. Anmeldung unter 230723. Für Gruppen ab vier Personen bietet die Bahnhofsmission auch flexible Termine an.