Essen. . Neue Behandlungsmethode am Elisabeth-Krankenhaus bei einer Belastungs-Inkontinenz. Eingriff dauert zehn Minuten und erfolgt über die Harnröhre.

Zuerst waren es ein paar Tröpfchen. Dann wurde es immer mehr und immer lästiger. Irmhild S. hatte ihre Blase nicht mehr richtig unter Kontrolle. Das kleine Dilemma passierte oft, wenn sie es am wenigsten gebrauchen konnte. Wenn sie die Enkelkinder hob oder Sport machte. Ihr Problem: eine Harninkontinenz. „Bei körperlicher Belastung war es besonders schlimm“, sagt die 68-jährige Essenerin. Doch diese Zeit ist vorbei, „heute geht es mir gut“. S. gehört zu den ersten Frauen, die sich in der Gynäkologie des Elisabeth-Krankenhauses mit einer neuen Methode behandeln lassen haben.

Dabei wird ein spezielles Gel an entscheidender Stelle im Körper platziert. „Wir spritzen die Harnröhre enger“, fasst es Dr. Norbert Nosal, Oberarzt der Frauenklinik und Kontinenzberater, zusammen. Prof. Stefan Niesert, Direktor der Frauenklinik, ist von der neuen Möglichkeit sehr angetan. Rund achtzig Prozent der behandelten Frauen seien nach dem etwa zehnminütigen Eingriff trocken.

Vier bis fünf Millionen Frauen in Deutschland betroffen

So wie Irmhild S. Acht Jahre lang habe sie sich mit der immer lästiger werdenden Inkontinenz herumgequält. „Alles Mögliche habe ich versucht. Von der Beckenbodengymnastik angefangen. Ohne Erfolg“, sagt sie. Sie ist eine unter vielen.

Experten gehen davon aus, dass allein in Deutschland vier bis fünf Millionen Frauen unkontrolliert Urin verlieren. Womöglich sei jede fünfte Frau betroffen, doch das sei eine Schätzung. „Man spricht gerne über den Urlaub oder über die Enkelkinder, aber über dieses Thema mögen viele nicht reden“, sagt Klinikdirektor Niesert. Das Wasserlassen sei eine komplizierte Sache. Bis zu 500 Milliliter Flüssigkeit könne die Blase speichern. Sie funktioniere wie ein Ballonmuskel. Gerate dieser Schließmechanismus durcheinander, gibt es ein Problem. Eine Schwäche des Bindegewebes oder Geburten, schwere körperliche Arbeit und Übergewicht könnten dazu führen, dass der Halteapparat den Anforderungen nicht mehr gewachsen ist. Bei der neuen Behandlungsmethode sei kein Schnitt notwendig.

Eingriff unter leichter Narkose

Das Gel werde unter einer leichten Narkose durch die Harnröhre an Ort und Stelle geführt. „Es besteht zu 97,5 Prozent aus Wasser und zu 2,5 Prozent aus Molekülen, die dafür sorgen, dass Flüssigkeit nicht entweicht“, sagt Oberarzt Nosal.

Patientin Irmhild S. erzählt, dass sie nach dem Eingriff nun einen Alltag ohne Einschränkungen erlebe. „Ich kann wieder walken, Fahrrad fahren und meine Enkelkinder heben.“ Zuvor habe sie sich ausführlich beraten lassen. Sie hat sich über Inkontinenz-Tampons informiert, über konservative Maßnahmen und über eine Methode, bei der kleine Bändchen eingesetzt werden, die die Harnröhre unterstützen sollen. Ein Vorteil der neuen Gel-Methode: „Wenn sich die Anatomie verändert, bleibt das Gel trotzdem an der richtigen Stelle“, sagt Klinikdirektor Stefan Niesert. Inzwischen würden hier mehrmals wöchentlich Patientinnen auf diese Weise behandelt.

>> Aktuelle Medizinische Stunde am 7. Juni

In der Fachsprache nennt sich die Gel-Behandlung für Patientinnen mit Belastungs-Inkontinenz auch Bulkamid-Verfahren.

Zu diesen und anderen Methoden bei Inkontinenz und Beckenbodensenkung informiert Dr. Norbert Nosal, Oberarzt der Frauenklinik am Elisabeth-Krankenhaus, in der nächsten Aktuellen Medizinischen Stunde.

Diese beginnt am Donnerstag, 7. Juni, um 18 Uhr im Hörsaal des Krankenhauses, Klara-Kopp-Weg 1. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.