Essen. . Biker-Tag am Haus Scheppen. Da das Wetter am Baldeneysee in Fischlaken mitspielt, wird’s voll. Knapp 5000, wird geschätzt, sind es am Ende.

Haus Scheppen am Baldeneysee in Fischlaken ist schon lange ein beliebter Treffpunkt für Motorradfahrer. Einmal im Jahr ist etwas anders. Auf dem kurzen Stück zum Fähranleger, dort, wo sonst gegenüber der Gastronomie auch Motorräder parken können, stehen am Sonntag Stände der Polizei, der Verkehrswacht, eines Rettungsdienstes, des TÜV, eines Reifen- sowie eines Helmherstellers. Es ist Biker-Tag. Das allumfassende Thema: die Sicherheit.

„Geschätzt haben wir uns dicht den 5000 genähert“

Polizeihauptkommissar Thorsten Beltermann (hockend neben dem Motorrad) erklärt, wie er Raser verfolgt und filmt.
Polizeihauptkommissar Thorsten Beltermann (hockend neben dem Motorrad) erklärt, wie er Raser verfolgt und filmt. © Kerstin Kokoska

Im Laufe des Vormittags füllt sich der Bereich um Haus Scheppen schnell mit Leben. Maschinen aller Art – sowie aus nah und fern, wie die Kennzeichen verraten – sind zu bewundern. Da sind jene PS-protzenden Modelle, bei deren Anblick man unweigerlich an eine Rennstrecke denkt. Oder solche, die einen an Peter Fonda und Dennis Hopper in „Easy Rider“ erinnern. Oder, oder, oder.

Martin Waltering, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Verkehrsunfallprävention.
Martin Waltering, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Verkehrsunfallprävention. © Kerstin Kokoska

„So einen Andrang hatten wir selten. Geschätzt haben wir uns dicht den 5000 genähert“, sagt Martin Waltering, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter der Verkehrsunfallprävention des Präsidiums Essen. Neben ihm Polizeihauptkommissar Hans-Joachim Ruhl, der den Biker-Tag organisiert hat. Den Spaß am Motorradfahren wollen sie den Menschen nicht nehmen, trotzdem zeigen sie auch die dunklen Seiten.

Die dunklen Seiten des Bikens werden nicht ausgespart

Hörprobe: TÜV-Nord Mitarbeiter Tobias Kordges nimmt eine Geräuschmessung an einem Motorrad vor.
Hörprobe: TÜV-Nord Mitarbeiter Tobias Kordges nimmt eine Geräuschmessung an einem Motorrad vor. © Kerstin Kokoska

So steht an einem Stand eine Schaufensterpuppe mit einer Motorrad-Kombi, die kleine Löcher und Risse aufweist. „Der Fahrerin ist dank der Schutzkleidung kaum etwas passiert“, sagt Martin Waltering. Daneben hängen auf einer Tafel zwei vergrößerte Fotos. Sie zeigen eine junge Frau, deren linke Seitenpartie nahezu komplett aus einer Wunde besteht. „Sie trug Jeans, Turnschuhe und Sweatshirt. Das Foto ist ein Jahr nach dem Unfall gemacht worden. Wir hatten auch eines von direkt nach dem Unfall, aber das wollten wir nicht zeigen“, erklärt Ruhl. Alle Biker, die stehen bleiben, werden ernst angesichts der Bilder. Aber sie äußern auch Unverständnis. „Dummheit“, sagt Michel Arndt (38). „Ich habe Zuhause Frau und Kind, da setze ich mich nicht ungeschützt aufs Motorrad“, so der Duisburger. Das Kopfnicken um ihn herum lässt vermuten, dass das auf dem Biker-Tag die gängige Meinung ist. „Trotzdem kann es ja nicht schaden, stets darauf hinzuweisen“, betont Waltering.

Familientreffen bei alkoholfreiem Bier und Bratwurst

Biker-Tag, das ist wie ein Familientreffen bei Mineralwasser, Malzbier, Kaffee oder einem alkoholfreien Bier plus Bratwurst. Und trotzdem gibt es etwas zu sehen, was die meisten der Besucher noch nicht gesehen haben – und im Einsatz wohl auch nicht sehen wollen. Direkt neben dem Polizei-Zelt steht ein grau-lackiertes, stattliches Motorrad. Daneben Thorsten Beltermann, ein Polizeihauptkommissar aus Mettmann mit ebensolcher Statur. Der 54-Jährige fährt im Dienstalltag das 110 PS starke Spezialkrad, mit dem er Zweiradraser verfolgt und filmt.

Rasen ist für den Duisburger Axel Auberg (58), der sich Genussfahrer nennt, nichts. Zu viele Vorschriften auch nicht. „Dass Motorräder so leise wie Nähmaschinen seien müssen, ist nicht richtig. Motorradfahren ist ein Lebensgefühl. Alles reglementieren zu wollen, ist nicht richtig.“

>>> Landesweit stieg die Zahl getöteter Biker deutlich

Herbert Reul läutete im März mit der Polizei in Wuppertal die Biker-Saison ein. Der NRW-Innenminister beklagte dabei, dass 2017 landesweit bei Unfällen 84 Biker starben – neun mehr als 2016. Der höchste Stand seit fünf Jahren.

Der Bereich des Polizeipräsidium Essen/Mülheim fällt da aus dem Rahmen. 2017 gab es keinen toten Biker zu beklagen (erhoben werden Maschinen ab 80 ccm ein). Es gab insgesamt 46 schwer verletzte Motorradfahrer (38 davon in Essen) und 105 leicht verletzte (82). „Man muss dabei bedenken, dass viele Essener ihre Touren außerhalb machen“, so Martin Waltering, Erster Polizeihauptkommissar.

Das Argument, die Zahl der Motorradfahrer sei stark gestiegen, trifft auf Essen auch nur bedingt zu. Zum Stichtag 1. Mai 2018 waren 18 401 Krafträder zugelassen. Am 1. Mai 2017 waren es 18 369.