Essen. . Der Ruhrverband und das Land NRW investieren vier Millionen Euro in einen Aufzug am Wehr. Die Ruhr soll so für Fische durchschwimmbar werden.
Am Stauwehr des Baldeneysees beginnen kommende Woche die Bauarbeiten für den ersten Fischlift an der Ruhr. Der Ruhrverband und das Land NRW investieren gemeinsam rund vier Millionen Euro, damit Fische den Fluss wieder von der Mündung bis zur Quelle durchschwimmen können. Einstmals in der Ruhr heimische Arten sollen so wieder zurückkehren, darunter die Forelle, die seltene Quappe und auch der Lachs.
„So etwas ist noch nie gebaut worden“, sagt Markus Rüdel, Sprecher des Ruhrverbandes, mit Blick auf ein Modell des Fischaufzuges. Besucher können es ab Christi Himmelfahrt an Feiertagen und Wochenenden im Baldeneywehr in einem Show-Room bestaunen, wo der Ruhrverband über das Pilotprojekt informiert. Das Original soll im Frühjahr 2019 in Betrieb gehen und Fischen dabei helfen, den Höhenunterschied von 8,75 Metern zwischen unterer und oberer Ruhr zu überwinden.
Normalerweise nutzen Rotfedern und andere Arten dafür so genannten Fischtreppen, die sie Stufe um Stufe gegen Strömung erklimmen. Am Baldeneywehr wie auch am Stauwehr in Kettwig fehlt es für ein solches Bauwerk jedoch an Platz, weshalb der Ruhrverband auf die Lift-Idee gekommen ist.
Der Lift funktioniert nach dem Prinzip kommunizierender Röhren. Die Fische werden per Gegenströmung in einen Fahrkorb gelockt. Aufwärts geht’s durch den Wasserauftrieb nicht etwa per Knopfdruck, sondern computergesteuert mit Hilfe eines Sonars. „Es kann Fische vermessen, zählen und zum Teil die Arten erkennen“, berichtet Markus Kühlmann, Fischereisachverständiger beim Ruhrverband.
In der Laichzeit dürften mehrere tausend Fische weiter Ruhr aufwärts schwimmen
In der Laichzeit zwischen März und Mai dürften so täglich mehrere tausend Fische weiter Ruhr aufwärts schwimmen. Eine Fahrt mit dem Lift dauert drei Minuten. Alle 15 bis 30 Minuten wird sich der Fahrkorb in Bewegung setzen, im August und September vielleicht einmal in zwei Stunden.
Den Praxistest hat der Fischlift bislang nur im Versuchslabor bestanden. Zweieinhalb Jahre haben Wissenschaftler an den Universitäten in Karlsruhe und Darmstadt im Auftrag des Ruhrverbandes daran getüftelt.
Europäische Union gibt Wasserrahmenrichtlinie vor
Den Anstoß dafür gab die Europäische Union bereits im Jahr 2000 mit Verabschiedung der Wasserrahmenrichtlinie. Bis zum Jahr 2027 müssen Flüsse in einem ökologisch guten Zustand sein. „Sie müssen für Fische durchschwimmbar sein“, betont Markus Rüdel. 2016 hat das Land NRW den gesetzlichen Rahmen vorgegeben. Eine Schleuse erfülle diesen Zweck im Übrigen nicht, auch weil da der Schiffsverkehr im Winterhalbjahr nahezu vollständig ruht.
Bevor die je 15 Tonnen schweren Röhren für den Fischlift unmittelbar neben dem Wasserkraftwerk eingebaut werden, lässt der Ruhrverband die Betonmauer des Wehrpfeilers sanieren. Im Sommer dürften dann die eigentlichen Bauarbeiten am Fischlift beginnen. Nach Fertigstellung erfolgt ein einjähriges Monitoring.
Hält der Fischaufzug, was sich die Experten davon versprechen, wird am Kettwiger Stauwehr ebenfalls ein Lift eingebaut. Da die Bezirksregierung an der Ruhrmündung in Duisburg eine herkömmliche Fischtreppe errichtet, könnte die Ruhr 2021 für Fische dann durchlässig sein.