Essen. . Seit 20 Jahren schickt die Krupp-Stiftung Essener Schüler für ein Job-Praktikum ins Ausland. Das bringt den Jugendlichen auch Selbstvertrauen.

Die Realschülerin Josephine Verdirk war im Frühjahr vier Wochen lang im portugiesischen Colares und arbeitete in einem Hotel – säuberte die Zimmer, stand an der Rezeption, jätete Unkraut im Hotelgarten. Und, will sie jetzt Hotelfachfrau werden? „Nein“, sagt die 16-Jährige, „aber ich hätte nie gedacht, dass ich so selbstständig sein kann.“

Josephine Verdirk ist die 1000. Teilnehmerin des Krupp-Stipendienprogramms für Schüler. Seit 1998 schickt die Krupp-Stiftung Essener Jugendliche für mehrere Wochen für ein Betriebspraktikum ins Ausland. Die Stiftung feierte den 20. Geburtstag des Förder-Programms, das seit seinem Bestehen mit rund 3,3 Millionen Euro von der Stiftung finanziert wurde, mit einem großen Empfang auf der Villa Hügel.

Schülerin schlug sich auf Englisch durch

Josephine schlug sich auf Englisch durch: „Das war nicht immer einfach, denn einige Portugiesen sprechen kein Englisch.“ Sie lernte auf eigene Faust die Stadt kennen, verständigte sich mit Händen und Füßen – zum Beispiel mit den Busfahrern, wenn es um das richtige Ticket ging –, und lernte im Hotel, Teil eines Teams zu sein. „Das hat mir unheimlich gut gefallen.“

Für Schüler der Jahrgänge neun bis zwölf

Bewerben können sich alle Essener Schüler der Klassen neun bis elf bzw. zwölf. Jedes Stipendium wird mit 1600 Euro von der Stiftung gefördert; die Familien leisten einen Eigen-Anteil von 210 Euro. Zu Beginn des kommenden Schuljahres 2018/19 erfolgt die Ausschreibung für nächstes Jahr; die Betriebspraktika im Ausland finden von April bis Mai 2019 statt.

Rund 50 Plätze sind zu vergeben. Infos im Internet: www.schulen-und-wirtschaft.de

Freundinnen hatten ihr von dem Programm erzählt, das jährlich neu aufgelegt wird und 50 Schüler pro Jahrgang ins Ausland schickt. „Wir wenden uns ausdrücklich an jene Jugendliche, die nicht unbedingt von zu Hause aus die Möglichkeit bekommen, Auslandsaufenthalte zu absolvieren“, sagt Thomas Kempf vom Vorstand der Krupp-Stiftung. „Deshalb sind für uns Jugendliche aller allgemeinbildenden Schulformen interessant.“

„Das Stipendium hilft nachher bei Bewerbungen“

Jessica Bahn ging vor zehn Jahren noch auf die Steeler Marienschule, eine Hauptschule, als sie sich für das Stipendium bewarb. Sie verbrachte vier Wochen im ungarischen Büro des Energieversorgers Eon mitten in Budapest, kümmerte sich um Marketing-Angelegenheiten. „Man wird sehr viel selbstbewusster, eine Fremdsprache zu benutzen und überhaupt auf andere Menschen zuzugehen“, sagt sie heute. Nach dem Stipendium machte sie das Abitur, derzeit absolviert sie eine Ausbildung als Bürokauffrau – und, ach ja, Mutter und Ehefrau ist sie zwischendurch auch noch geworden. Ihr Ziel, Jura zu studieren, hat sie trotzdem nicht aus den Augen verloren. „Das Stipendium hilft auch bei Bewerbungen – man wird in Gesprächen immer danach gefragt“, sagt sie.

Wichtiges Auswahlkriterium: Authentizität

Wer sich bewirbt, muss einen Aufsatz zu einem gestellten Thema schreiben, es geht dabei immer um die eigene Zukunft – zum Beispiel, wie und wo man sich in fünf oder zehn Jahren sieht. „Eine Jury aus Wirtschafts- und Schulvertretern entscheidet – und ein wichtiges Kriterium ist die Authentizität“, sagt Thomas Kempf. Projekt-Koordinator Hubert Voß ergänzt: „Die Abbruch-Quote unserer Stipendiaten liegt im Promille-Bereich, das macht uns sehr stolz.“

Und so ist das Programm, das auch in diesem Jahr fortgeführt wird, nicht weniger als das, was Ursula Gather erklärte, die Vorsitzende der Krupp-Stiftung: „Es ist ein Stück gelebte Völkerverständigung.“