Essen. 1346 Essener erhielten 2017 die deutsche Staatsbürgerschaft. Erstmals lag bei den Neubürgern der Anteil der Iraker höher als der der Türken.

Die Zahl der Einbürgerungen ist in Essen von 1153 im Jahr 2016 auf 1346 im vergangenen Jahr gestiegen – eine Steigerung um knapp 17 Prozent. Damit liegt die Stadt klar über dem Landesschnitt von 1,3 Prozent.

Erstmals stammten die meisten Essener Neubürger aus dem Irak (12 Prozent) und verwiesen die Türkei damit auf Rang zwei (10%) – das Zahlenverhältnis war im Vorjahr noch umgekehrt. Landesweit haben die Türken (16%) ihre Vorrangstellung halten können, mit weitem Abstand vor den zweitplatzierten Briten (6,4%). In Essen liegt das Vereinigte Königreich bei Einbürgerungen auf Platz 4, der Brexit ist auch hier spürbar: Nahmen 2016 nur drei Briten die deutsche Staatsangehörigkeit an, waren es ein Jahr später schon 65.

Hälfte der Eingebürgerten lebte mindestens 15 Jahre in Deutschland

In den meisten anderen Fällen lassen sich die Ursachen für den Wechsel der Staatsangehörigkeit nicht so klar benennen, bedauert Stadtsprecherin Silke Lenz. „Über die Hintergründe der Einbürgerungen ist aus Verwaltungssicht nur schwerlich etwas zu sagen, da durch die Antragsteller keine Gründe angegeben werden müssen.“ Motivforschung traut sich auch die Leiterin des Amtes für Statistik, Stadtforschung und Wahlen, Barbara Erbslöh, nicht zu. Um den Anstieg der Einbürgerungen besser einordnen zu können, müsste man die Daten der Ausländerbehörde genauer aufschlüsseln; was auch eine Frage des Personals sei. „Aber wir sind dran an dem Thema, und wollen da statistisch mehr erfassen. Es wird jedoch dauern, bis wir mit gesicherten Zahlen aufwarten können.“

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Das detailliertere Zahlenmaterial von IT.NRW gibt immerhin einen Hinweis: So hat die Behörde erhoben, dass landesweit über die Hälfte der Eingebürgerten mindestens 15 Jahre in Deutschland lebte, ein Drittel schon über 20 Jahre. Sprich: Die zuletzt zugezogenen Flüchtlinge dürften mit der hohen Zahl der Einbürgerungen in Essen nichts zu tun haben. Zumal die Asylbewerber oft noch keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben, und viele Syrer zum Beispiel hoffen, nach Kriegsende in ihre Heimat zurückzukehren.

Den Wunsch nach einem deutschen Pass äußern naturgemäß eher jene, die in Essen Fuß gefasst, eine Heimat gefunden haben – oder hier aufgewachsen sind: So waren 2016 fast die Hälfte der Neubürger unter 30 Jahre alt. Übrigens liegt die Zahl der Einbürgerungen schon seit 2011 bei über 1000 pro Jahr. „Das Interesse ist nach wie vor groß, was sich an der Anzahl der Gespräche, Telefonate und Mails erkennen lässt“, teilte die Stadt im März 2017 am Rande einer Einbürgerungsfeier mit. Diese werden seit sieben Jahren angeboten und haben sich laut Stadtsprecherin Silke Lenz zum Erfolgsformat entwickelt: „Die Zahl der Zusagen liegt relativ konstant bei 20 Prozent, damit sind sie gut besucht.“ Und wer sich einmal zu dem Schritt entschieden hat und die 255 Euro Gebühr zahlt, der hat offenbar genug Kenntnisse und Motivation für den Einbürgerungstest in der Volkshochschule: Hier liegt die Erfolgsquote bei stolzen 98 Prozent.

Oberbürgermeister Thomas Kufen begrüßt die Einbürgerungen, so rief er Neubürgern jüngst zu: „Ihr Bekenntnis zu Essen und Deutschland zeigt, dass wir als Gesellschaft auf dem richtigen Weg sind.“