Essen. . Bei der Eröffnung der Ausstellung „Das Zeitalter der Kohle“ gab es Lob für die Macher und nachdenkliche Worte über Vermächtnis der Kohle.
Es ist eine Ausstellung der Superlative, die am Donnerstag Abend mit 1500 Gästen in der Grand Hall Zollverein eröffnet wurde: „Das Zeitalter der Kohle – eine europäische Geschichte“ will anlässlich der Schließung der letzten Ruhrgebietszeche 2018 ein ganzes Zeitalter bilanzieren, und dies mit jener Opulenz, die im Ruhrmuseum mittlerweile Standard ist.
1200 Exponate gibt es zu sehen, die Mischanlage der Kokerei Zollverein dient dafür als spektakuläre Kulisse. Als bei der feierlichen Eröffnung der Ruhrkohle-Chor die letzte Strophe des Steigerliedes anstimmt, steht das Publikum. Und zwar nicht nur, weil zahlreiche Gäste das musikalische Finale mit ihrem Smartphones festhalten wollen, sondern weil sie jetzt endlich in die Ausstellung wollen.
Fast zwei Stunden lang hatten Vertreter aus Politik, Stiftungen und Gesellschaft in Ihren Reden auf die Bedeutung der Ausstellung eingestimmt. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Oberbürgermeister Thomas Kufen, Bernd Tönjes, Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Zollverein – sie alle fanden persönliche Worte und Bezüge zur Kohle und doch einen gemeinsamen Nenner: Die Bedeutung den einstigen berühmten Zusammenhalt der Kumpel, unabhängig ihrer Herkunft, in der heutigen Zeit weiterzuleben und die Vielfalt zu schätzen. „Ob jemand Einheimischer ist, oder ob jemand Zugewanderter ist, ist hier in meiner Region, immer nur eine Frage des Zeitpunkts“, brachte Kufen eine historische Erfahrung auf den Punkt, die für die Zukunft zumindest hoffen lässt. Tatsächlich war der Bergbau auch ein Beispiel für gelungene Integration durch den Faktor Arbeit.
Die Kohle stand am Beginn der EU
Neben der Kohle stand an diesem Abend Europa im Mittelpunkt, nicht nur historisch, sondern auch perspektivisch. In seinem Festvortrag stellte der britische Historiker Ian Kershaw die Bedeutung der Kohle für die Gründung der EU heraus und wies darauf hin, dass jüngere Generationen den europäischen Frieden oft als zu selbstverständlich hinnähmen. Vor dem Hintergrund nationalistischer Strömungen in vielen EU-Mitgliedsstaaten sei es schwer vorstellbar, dass die EU in absehbarer Zeit in politischen und wirtschaftlichen Belangen mehr Macht erhalte.
Als der Applaus für „die kreuzbrave(n) Leut, mit dem Leder vor dem Arsch in der Nacht“, endet, geht es endlich ans Eingemachte der Ausstellung. Die drei Macher, Franz-Josef Brüggemeier, Heinrich Theodor Grütter und Michael Farrenkopf erklären im Plauderton mit Moderator Peter Großmann die Ausstellung: Zum Beispiel, warum die Kohle Europa hell gemacht hat, und nicht etwa wie landläufig angenommen nur die Wohnzimmer warm und die Luft dreckig. Der Moderator richtete sich an Theodor Grütter und fragte, was bleibe, was das Erbe der Kohle sei. In erster Linie, so der Chef des Ruhrmuseums, seien hier Werte zu nennen wie Solidarität, Zusammenhalt und Toleranz.
Und dann geht es los. Von der Grand Hall quer über das Kokerei-Gelände. Schnell verteilen sich bis zu 500 Besucher gleichzeitig auf den Ebenen der einstigen Mischanlage, in der viele Räume so wirken, als habe man die Arbeit mit der Kohle nur kurz eingestellt, damit vorübergehend diese Ausstellung einziehen kann. Theodor Grütter kommt kaum zur Ruhe an diesem Abend. Zu viele wollen ihm gratulieren und beglückwünschen, und dass er sich einmal mehr selbst übertroffen habe, hört man oft. Noch häufiger hört man eigentlich nur Glückauf und das Steigerlied. Das läuft nämlich in der Interpretation von Stoppok in der Standseilbahn, die Besucher vom Wiegeturm in die Mischanlage und somit die Ausstellung befördert, und zwar in Dauerschleife.
>> Informationen zur Ausstellung
„Das Zeitalter der Kohle – eine europäische Geschichte“ läuft vom 27. April bis 11. November in der Kokerei Zollverein, Mischanlage, Arendahls Wiese. Öffnungszeiten sind täglich von 10 bis 18 Uhr, der Eintritt kostet 10 Euro, ermäßigt 7 Euro; Kinder und Studierende frei. Führungen sind buchbar. Online-Tickets: www.ko hle-tickets.de
Das umfassende, hochinformative Katalogbuch zur Ausstellung ist im Klartext Verlag erschienen, hat 287 Seiten, viele Abbildungen und kostet 24,95 Euro.