Essen. . Premiere von „Versommert“ im Essener Grugabad: Jelena Ivanovic inszeniert ein poetisches Stationenstück zwischen Sprungturm und Wellenbecken.

Dass der Sommer ein launischer Darsteller ist, der gern kneift, wenn man ihm die Hauptrolle zuweist, diese Erfahrung haben schon viele Open-Air-Projekte machen müssen. Und so wäre die groß angelegte Produktion „Versommert“ fast ziemlich verregnet gestartet. Doch über 100 Hartgesottene trotzten zehn Grad Temperatur und abziehenden Regenwolken und tauchten am Donnerstagabend ein in die Spiel- und Erlebniswelt namens Grugabad.

„Die Idee ist einfach toll“, freut sich etwa Silke Brauner, „wir waren als Kinder oft im Grugabad und dann wieder mit unseren Kindern.“ Jetzt sei man „sehr gespannt“, wie man dieses riesige Gelände künstlerisch nutzen könne, sagt Begleiterin Claudia Henke. Das ganze Bad als große Bühne – mit der Tanz- und Theaterproduktion „Versommert“ stemmen Jelena Ivanovic und ihr Team nicht nur enorme technische und logistische Herausforderungen. Auch die Entscheidung, neben Tanz- und Gesangsprofis Laien zwischen 17 und 70 Jahren einzubinden, geht aufs Schönste auf.

Sonnencreme und Süßkram zur Einstimmung

Zunächst gibt’s zur Einstimmung einen Klecks Sonnencreme auf die Hand und ein Tütchen Süßkram. Die passenden Erinnerungen an Sommer, Kindheit, Unbeschwertheit und sonnensatte Erwartungen werden dazu vom Band geliefert. Die Liegewiese wird zur Spielwiese einer raumgreifenden Installation, die kreativ und poetisch das gesamte Areal durchmisst, mit Tanz, Gesang und Filmprojektion. Mal leise und melancholisch wie beim Duett von Nick Cave und Kylie Minogue „Where the Wild Roses Grow“, mal vielstimmig wie beim „West Side Story“-Song, mal heiter und verspielt, wie bei Monroes „Diamonds Are a Girl’s Best Friend“, der auf Taucherflossen vertanzt wird. Und selbst „La Bohème“ hat zwischen Sprungturm und Startblöcken ihren Platz. Freibad – eine Springflut an großen Emotionen.

Den roten Faden dieser eher leisen und lose aneinander gereihten Liebes- und Stationengeschichte ersetzt eine Dame in grüner Bluse, die das Publikum durchs Gelände führt, vorbei an Tischtennisplatten bis auf die Tribüne, vom Wellenbecken zum Nichtschwimmer, wo Anna Wehsarg und Isabel Wamig das Rezept für Kindheitsglück in Grammzahlen kennen. Im Dämmerlicht gelingen suggestive Szenen, wenn sich eine Tänzerin im Babybecken zum expressiven Wasserballett biegt und Charles Trenets Chanson „La Mer“ schließlich alle Beteiligten ins Wasser lockt. Zum Schlussapplaus gesellt sich ein großer Wunsch: Dass es an den kommenden Abenden wärmer wird.

Weitere Termine: 28. und 29. April, 20 Uhr, Tickets für 16/erm. 12 € können unter jelena-ivanovic.com/kunstbaden reserviert werden.