Essen. Bis Ende Mai testet die Ruhrbahn in Essen und Mülheim einen spanischen Elektrobus. Bequem ist er, aber nach gut 200 km muss er an die Steckdose.

Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren – und das führt einerseits dazu, dass die Passagiere ein wenig frösteln, und andererseits, dass Klaus Kubica zufrieden ist. Der Bereichsleiter Transportation bei Ferrostaal Equipment Solutions weiß fast alles über den Elektrobus der spanischen Marke Irizar, der seit Februar von der Ruhrbahn auf Essener und Mülheimer Straßen auf Alltagstauglichkeit getestet wird.

Die Klimaanlage ist auf spanisches Wetter eingestellt

Heute sind die beiden Ruhrbahn-Geschäftsführer Uwe Bonan und Michael Feller an Bord, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen und Umweltdezernentin Simone Raskob. Und Kubica also weist die Fahrgäste nun darauf hin, dass sogar die leistungsstarke – und offenbar auf spanisches Wetter eingestellte – Klimaanlage „rein elektrisch“ laufe. Keine Selbstverständlichkeit sei das, andernorts habe man Elektrobusse mit Dieselheizung nachgerüstet, weiß auch OB Kufen. Aber Essen fühlt sich ja seinem Grüne-Hauptstadt-Image verpflichtet und möchte, so die Umweltdezernentin, „Vorreiter sauberer Antriebstechnologien“ sein.

Einstweilen ist man noch nicht in Richtung Zukunft unterwegs, sondern nur vom Rathaus nach Zollverein. Auf dem Weg erfährt man, dass der zwölf Meter lange Irizar-Elektrobus mit einem 376 Kilowattstunden-Batteriepaket ausgestattet ist, das platzsparend auf dem Dach montiert ist. So können maximal 80 Passagiere mitfahren, was den Anforderungen der Ruhrbahn ziemlich genau entspricht.

Sieben Stunden lang muss der E-Bus geladen werden

Wenn Kubica lobt, in der getesteten Technologie liege „die Zukunft des straßengebundenen Nahverkehrs“, heißt das aber auch, dass die Technik in der Gegenwart noch nicht praxistauglich ist. Das fängt damit an, dass der E-Bus eine Reichweite von 200 bis 220 km hat, was für die meisten, aber nicht alle Strecken der Ruhrbahn reicht. Dann muss der Bus an der Steckdose sieben Stunden lang aufladen.

Die Ladezeit soll bei den Nachfolgemodellen auf fünf Stunden gesenkt werden: „Auch dann wird man über Nacht laden müssen“, räumt Feller ein. Eine so lange Pause ist schließlich im Tagesbetrieb nicht vorgesehen. Auch müsse man darüber nachdenken, einzelne Streckenführungen zu ändern, um mit der Reichweite des Busses hinzukommen. Denn eins sei klar: Man wolle langfristig ein Gesamtkonzept und kein ewiges Nebeneinander von E- und Dieselbussen. Start sei frühestens 2020/21: Dann solle zunächst jeweils eine Buslinie in Essen und in Mülheim von Elektrobussen bedient werden.

Dieselbusse kosten nur halb soviel und fahren länger

Offen sei, ob es sich dabei um ein Modell der Marke Irizar handeln wird. Nach Ablauf der Tests, die bis Mai laufen, werde man gemeinsam mit anderen deutschen Verkehrsunternehmen, die den Bus testen, Standards für den hiesigen Markt formulieren. Angefangen bei der Fahrerkabine, die im aktuellen Modell fehlt, bis zur verbesserten Reichweite.

Nicht so schnell lösbar wird die Finanzierungsfrage: Während ein Dieselbus, der zehn, zwölf Jahre eingesetzt wird, 230 000 Euro kostet, fällt für das E-Modell, das nur sieben, acht Jahre fährt, das Doppelte an. Die Verantwortlichen hoffen da auf politische Hilfe für die saubere Mobilität. Wie sagt Ruhrbahn-Chef Feller: „Es kommt auch auf die Förder-Landschaft an.“

>>> SOFORTPROGRAMM FÜR SAUBERE LUFT

Essen ist im Februar 2018 von der Bundesregierung als eine von fünf „Lead-Cities“ ausgewählt worden, um mit Bund und Ländern ein „Sofortprogramm saubere Luft“ zu erarbeiten – und modellhaft umzusetzen.

„Unsere Aufgabe ist es, einen intelligenten Mobilitätsmix anzubieten“, sagt dazu OB Thomas Kufen. Dafür brauche man auch moderne Antriebstechnologien im Nahverkehr: E-Busse könnten ein Element dabei sein.