Essen. . Die Diagnose soll optimiert und für Patienten schonender werden. Die Urologie des Uniklinikums Essen war an der entscheidenden Studie beteiligt.
„Sie haben Prostatakrebs.“ – Eine Nachricht, die jedes Jahr mehr als 60 000 Männer in Deutschland von ihrem Arzt zu hören bekommen. Der Weg vom Krebs-Verdacht bis zum Befund kann jedoch knifflig sein und unpräzise. Aber jetzt tut sich etwas. Eine internationale Studie unter Beteiligung der Urologen des Uniklinikums Essen soll entscheidende Dinge bei der Diagnose von Prostatakrebs verbessern.
Gut für die Patienten: Die Untersuchung bei einem Verdachtsfall soll schonender und effektiver werden. Hinweise auf Krebsbefunde liefert zunächst eine MRT-Untersuchung des Beckens, also ein bildgebendes Verfahren, das schmerzfrei abläuft. „Ist der MRT-Befund unauffällig, reduzieren wir die Zahl unnötiger Biopsien und damit die körperliche Belastung für die Untersuchten. Unter Umständen kann ganz auf eine Gewebeprobe verzichtet werden“, sagt Prof. Boris Hadaschik, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum.
Ärzte entnehmen Gewebeproben auf Grundlage der MRT-Bilder
Bislang ist es meist so: Bei einem Verdacht wird umgehend biopsiert. Das heißt, dass mit einer Nadel zehn bis zwölf Gewebeproben aus der Prostata entnommen werden, zwar systematisch, aber ungezielt. Möglich also, dass ausgerechnet befallene Stellen nicht erwischt werden. Bei der neuen Methode liefert zunächst das MRT Bilder, auf denen die verdächtigen Stellen dargestellt werden. Auf dieser Grundlage können die Ärzte festlegen, an welchen Stellen genau sie Gewebeproben entnehmen.
„Ich glaube, dass die Zeit der klassischen Biopsie abläuft“, sagt Boris Hadaschik, der einer der Ideengeber für diese große internationale Studie war. Nun ist die Studie, an der in den vergangenen zwei Jahren 500 Männer teilgenommen haben, ausgewertet und klar, dass die neue Prostatadiagnostik präzisere Ergebnisse liefert. In der Essener Uniklinik setzen die Urologen diese Erkenntnisse schon ein. „Bis die Leitlinien deutschlandweit geändert werden, dauert es erfahrungsgemäß etwa drei Jahre“, sagt Hadaschik.
Diagnose kommt in einigen Tagen
Einer seiner Patienten ist Klaus Busch. Er ist aus dem Siegerland in das Essener Krankenhaus gekommen, „weil ich sicher gehen will“, wie der 67-Jährige sagt. In Sachen Prostatakrebs ist er besonders achtsam. Im vergangenen Jahr ist sein Bruder an dem Krebs gestorben. Als sein Hausarzt nach einer Blutuntersuchung nun auch bei ihm einen Verdacht gehegt hat, ist Busch in die Urologie zu Boris Hadaschik gekommen. In der vergangenen Woche die MRT-Untersuchung, gestern Vormittag dann die gezielte Biopsie auf Basis der MRT-Bilder. In einigen Tagen wird der Patient die genaue Diagnose bekommen und dann mit den Urologen entscheiden, ob und wie er behandelt werden muss.
Klinikdirektor Hadaschik rechnet vor: Derzeit werden in Europa jährlich eine Million Männer nach dem alten Verfahren biopsiert. Nach der neuen Methode könnte knapp 300 000 Männern die Entnahme von Gewebeproben erspart bleiben, gleichzeitig würden gut 100 000 potenziell lebensbedrohliche Prostatakarzinome mehr entdeckt. Vorausgesetzt, die Patienten wurden zunächst von erfahrenen Radiologgen in der MRT untersucht.
Urologe rät: Ab 50 Jahren zur Früherkennung
Urologen wie Prof. Boris Hadaschik raten Männern, ab 50 Jahren zur Prostatakrebs-Früherkennung zu gehen. Diese erfolgt zunächst über einen Bluttest, bei dem der PSA-Wert bestimmt wird. Aber: Nicht jedes Mal steckt Krebs dahinter, wenn der Wert ungünstig ist. „Es fallen auch Tumore auf, die man nicht behandeln muss. Das kann für Patienten seelisch belastend sein“, sagt der Arzt. Da diese sehr langsam wachsenden ungefährlichen Tumore in der MRT nicht entdeckt werden, könne die neue Diagnostik auch Krebsangst verringern.