Essen. . Aus der Zinkfabrik in die Ausstellungshalle: Manfred Holtfrerich zeigt „Figurenbilder“ beim Kunstverein Ruhr.
Der Blick ist konzentriert, der Rücken durchgedrückt, die Haltung feierlich: Die Figuren, die Manfred Hotfrerich aus dem 19. Jahrhundert ins Heute herübergezogen hat, sind Industriearbeiter einer belgischen Zinkhütte, deren Ganzkörperporträts den Hamburger Künstler zu seiner Arbeit für den Kunstverein Ruhr inspiriert haben: „Figurenbilder“ gibt es dort zu sehen.
Der Titel ist bewusst gewählt. Holtfrerich zeigt Figuren – keine Charaktere, Menschenstudien, keine Abbilder. Auch keine Arbeiter-Typologie wie August Sander. Lebensgroß und durch vielfache Kopiervorgänge noch einmal ins Grobkörnige, Unscharfe, Irreale gerückt, umstellen sie den Betrachter vielmehr wie eine Ahnengalerie aus fernen Zeiten. Jeder einzelne scheint den Betrachter im Raum zu fixieren, folgt ihm mit scheinbar unbeweglicher Miene. Blick und Gegenblick prägen diesen stummen Dialog.
Die Bilder sind keine Hommage an harte Maloche
Der Besucher sieht sich einerseits umkreist von Geschichte, Tradition, industriefotografischer Erzählung. Und doch wirken die Bilder komplett aus dem historischen und kunsthistorischen Kontext herausgerückt. Menschenmomente ohne Zeit und Raum. So fern und doch unheimlich vertraut. Holtfrerichs „Figurenbilder“ sind keine Zeugnisse der Arbeitswelt, keine Hommage an harte Maloche und entbehrungsreiche Zeiten. Statt Industrieromantik zeigt der Künstler Würde, Stolz und Selbstbewusstsein, das jeder dieser Porträtierten ausdrückt. Die Aufnahmen der Zinkfabrikarbeiter waren um 1870 ein Andenken für den damaligen Fabrikdirektor. Für die Aufnahmen ging’s ins Fotostudio. Und man erkennt, wie das Bild für diesen einen, feierlichen Moment zur Bühne wurde, die Holtfrerich in seiner Bilderserie nun ganz neu ausleuchtet.
Manfred Holtfrerich, Figurenbilder, Forum Kunst & Architektur, Kopstadtplatz, bis 13. Mai.