Essen. Der Amateurfunkverein Lima 11 besteht seit 40 Jahren. Im Alltag hat diese Kommunikationsart an Bedeutung verloren. Ziel sind weltweite Kontakte.
Das klassische Funken hat auch im Zeitalter des Handys keineswegs seine Faszination verloren. Jedenfalls nicht für die rund 60 Mitglieder, darunter fünf Frauen, des Ortsvereins Lima 11. Er ist einer von drei Ortsvereinen in Essen und etwa 1000 in Deutschland, die unter dem Dach des Deutschen Amateur-Radio-Clubs ihrem Hobby nachgehen. Im Mai feiert Lima 11 sein 40-jähriges Bestehen. Die Mitglieder treffen sich immer freitags ab 17 Uhr im Haus der Begegnung in der Innenstadt, um Kontakte in alle Welt aufzunehmen.
Nicht nur das: „Viele von uns sind Technikfreaks, schrauben und basteln gern an den Geräten“, sagt Stephan Flechsig (55), der vor kurzem das Hobby für sich (wieder-)entdeckt hat und als Gast zu den Vereinstreffen kommt. „Natürlich hat der Amateurfunk im Alltag an Bedeutung verloren, aber viele hier reizt eben die historische und technische Seite“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Erik Schauer (40).
Die meisten Mitglieder hätten entsprechende Geräte zu Hause. „Wer das nicht hat, kann bei unseren Treffen seinem Hobby nachgehen“, so der Chef des Ortsvereins, der in Haarzopf gegründet wurde und dann über das Südostviertel in die Innenstadt kam. „Wir sind froh, dass wir 2017 in das neue Haus der Begegnung umziehen konnten. Das alte steht nämlich unter Denkmalschutz – da durften wir keine Antennen installieren“, so Schauer.
Viele kamen über den CB-Funk zu den Funkamateuren
„Bitte nennen Sie uns Funkamateure, nicht Amateurfunker. Unter letzterem versteht man nämlich die CB-Funker“, sagt der stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Thomas Eickwinkel (53). Er kam wie Erik Schauer in der Jugend über jenen Citizens Band Radio-Funk (CB) zu seinem Hobby. Während sich jeder als CB-Funker betätigen könne, der ein solches Gerät erwerbe, müssten die Funkamateure eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur, früher Bundespost, ablegen und ihre Kenntnisse in Betriebstechnik, Gesetzeskunde und Technik nachweisen.
„Dafür sind wir dann aber auch viel freier als die CB-Funker, dürfen Geräte selbst bauen oder durch Schrauben und Löten verändern“, erklärt Eickwinkel. Der Ortsverein biete entsprechende Schulungen an. Früher habe man eigentlich nichts per Funk besprechen dürfen, was man auch am Telefon sagen konnte, um nicht in das Postmonopol einzugreifen. „Da hätte man eigentlich über gar nichts reden dürfen“, so Thomas Eickwinkel. Bis heute gelte die Regel, nicht über religiöse, politische oder kommerzielle Inhalte zu kommunizieren.
Die Gerätschaften muten ein wenig nostalgisch an
Im Raum von Lima 11 stehen nicht nur Funkgeräte und andere ein wenig nostalgisch anmutende Gerätschaften. An der Wand hängen zwei Weltkarten mit vielen grünen und wenigen roten Flächen. „Die grünen stehen für die Orte, mit denen wir schon kommuniziert haben. Die roten wollen wir noch erreichen“, sagt Thomas Eickwinkel, der beruflich als Netzwerk-Administrator tätig ist. „Es gibt zum Beispiel winzige, teils unbewohnte Inseln irgendwo auf der Welt, auf denen manchmal Funker ihren Urlaub verbringen und ihre Geräte aufbauen. Das wird dann in unseren Publikationen veröffentlicht und alle Funker versuchen in der kurzen Zeit, ihn dort zu erreichen, um diesen roten Punkt auf ihrer Weltkarte loszuwerden“, so Eickwinkel.
Durch die Funkkontakte – die Kommunikation läuft in der Regel auf Englisch – hätten sich schon zahlreiche Freundschaften in aller Welt ergeben. „Wenn man irgendwo in Urlaub ist, wird man oft eingeladen, kann bei den Funkerkollegen übernachten und deren Geräte nutzen“, berichtet Erik Schauer.
Funkamateure leisten Hilfe im Katastrophenfall
Bis heute unterstützten die Funkamateure in Katastrophenfällen die offiziellen Hilfskräfte, könnten bei Stromausfall per Batterie oder Notstromaggregat weiter kommunizieren, wenn Handynetze ausfallen.
Einen Boom habe der Amateurfunk in den 1970er Jahren erlebt. Wer als Soldat im Krieg gewesen sei, habe oft Erfahrungen als Funker gemacht, blickt Stephan Flechsig in die Geschichte. „Funken war in der Weimarer Republik eine staatshoheitliche Angelegenheit, es gab wenig Lizenzen.“ Während der NS-Zeit sei der Funk erst zu Propaganda-Zwecken missbraucht worden, zu Kriegszeiten dann im privaten Bereich verboten worden. Zu groß sei die Angst vor „Feindkontakten“ gewesen. Nach dem Krieg habe dann eine Art „Wildwuchs“ geherrscht, bis dann 1949 das erste Amateurfunkgesetz in Kraft getreten sei und Lizenzen vergeben werden konnten.
Zum 40-Jährigen gibt es einen Tag der offenen Tür
Heute kommuniziere man sogar mit Stationen im Weltraum. „Die meisten Astronauten haben eine Funklizenz, so dass auch Kontakte zur ISS möglich sind“, berichtet Flechsig. Besonders stolz seien die Funker, dass sie verhindern, dass die Morsetelegrafie in Vergessenheit gerate. „Was viele nicht wissen: Auf der Fußgängerbrücke am Viehofer Platz gibt es auf beiden Seiten Morsezeichen, jeweils für Begrüßung und Abschied“, so Erik Schauer. „Die Morsetelegrafie war um 1840 ein Riesenfortschritt in Sachen Kommunikation.“
Das 40-jährige Bestehen will der Ortsverein Lima 11 am Freitag, 25. Mai, ab 16 Uhr mit einem Nachmittag der offenen Tür feiern. In Kontakt kommen können die Bürger mit den Funkamateuren auch am 1. und 2. September. Dann steht der jährliche Fieldday (Feldtag) auf einem Acker in Heidhausen an. „Es ist ein Vorurteil, dass Funkamateure Stubenhocker sind. Wir funken in der Natur – mindestens 100 Meter von der nächsten Steckdose entfernt“, so Schauer. Beim Treffen gehe es um möglichst viele Funkverbindungen und um Geselligkeit.