Essen. Ludger Korste leidet an der gleichen Krankheit wie der verstorbene Physiker Hawking. Das Krupp-Krankenhaus lädt zum 1. ALS-Tag im Ruhrgebiet.
Am Anfang hat Ludger Korste noch über sich selbst gelacht. Als er wieder einmal unvermittelt wegknickte und auf die Nase fiel. Im Sommer 2012 bekam er dann eine Diagnose, die sein Leben verändern sollte: Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS. Eine schwere Nervenerkrankung, die plötzlich auftritt. Unheilbar. Betroffene verlieren nach und nach den Kontakt zu ihren Muskeln. Bestes Beispiel: der am Mittwoch verstorbene Astrophysiker Stephen Hawking, einer der populärsten Wissenschaftler dieser Zeit. Torsten Grehl hätte ihn gerne kennengelernt. Er leitet als Oberarzt die ALS-Ambulanz im Alfried-Krupp-Krankenhaus und behandelt dort Patienten wie den 63-jährigen Ludger Korste.
Roboterarm und Rollstuhl helfen
„Stephen Hawking hat unter einer ganz speziellen Form von ALS gelitten, an der juvenilen ALS, die einen extrem langsamen Verlauf nimmt. Seit den 80er-Jahren wurde er künstlich beatmet. Er konnte nur noch über eine spezielle Augensteuerung kommunizieren“, sagt der Arzt. Auch der Essener ALS-Patient Ludger Korste hat sich mit Stephen Hawking beschäftigt. Allerdings ist der Krankheitsverlauf in seinem Fall nicht identisch mit dem des bekannten Physikers.
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Das Atmen, Sprechen und Schlucken fällt Korste (noch) nicht schwer. Bei ihm sind die Arme, Beine und Hände das Problem. „Sie funktionieren nicht mehr. Ich bin rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen.“ Kurz nach der Diagnose vor fast sechs Jahren konnte er sich noch mit Hilfe von Krücken auf den Beinen halten. Der Borbecker machte etwas, zu dem ihm die Ärzte dringend rieten, nämlich etwas Schönes mit der Familie. „Lange Zeit haben Sie dafür nicht mehr“, hieß es. Er fuhr in den Urlaub, knickte mit seinen Krücken um am Strand der Ostsee, fiel in den Sand – und lachte darüber. So ist er. Ein Optimist und klarer Geist, lebensbejahend, mit einem Lächeln, das selbst schwierigen Themen wie diesem etwas Leichtigkeit schenkt.
Seine Art macht ihn stark
Seine Art macht ihn stark. „Drei bis fünf Jahre leben ALS-Patienten im Schnitt nach der Diagnose“, sagt Dr. Torsten Grehl. Ludger Korstes Zeit scheint noch längst nicht abgelaufen zu sein. Er nutzt die intakten Bereiche seines Körpers so gut es geht, arbeitet weiter in seiner Hausverwaltung („Telefonieren kann ich noch“) und versucht das Beste aus seiner Lage zu machen. Ein Rollstuhl mit vielen Extras und ein daran montierter Roboterarm erleichtern ihm Alltäglichkeiten. Mit seinem Kinn kann er den Roboterarm steuern und Gläser oder eine Gabel greifen. Aber natürlich: „Ohne fremde Hilfe geht wenig.“ Er war ein begeisterter Skifahrer, Fotograf, Taucher und Jäger – das ist vorbei. Den letzten Rothirsch, den er 2014 erlegt hat, hat er Manni getauft. Mit seiner Tochter Alexandra tauscht er gerne solche Erinnerungen aus.
Neurologe Torsten Grehl zählt zu den wenigen ALS-Spezialisten deutschlandweit. In Essen organisiert er am 24. März den ersten ALS-Patiententag im Ruhrgebiet. Bislang gab es so etwas nur in Berlin. Im Krupp-Krankenhaus Rüttenscheid sollen sich Betroffene austauschen können und Mediziner und Therapeuten Rede und Antwort stehen.
„Nach Schätzungen gibt es rund 8000 ALS-Patienten in Deutschland“, sagt Grehl. Wissenschaftler weltweit seien damit beschäftigt, endlich einen Durchbruch in der Behandlung zu erzielen. Bislang gebe es nur wenige Medikamente und auch die könnten nicht heilen, sondern im besten Fall das Leben um einige Monate verlängern. ALS, sagt der Arzt, sei verwandt mit anderen Nervenerkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer, nur dass andere Zellen betroffen seien.
Bekannt wurde die Krankheit vor einigen Jahren durch die so genannten „Ice Bucket Challenge“. Dabei schütteten sich Menschen Eiswasser über den Kopf, um auf ALS aufmerksam zu machen. Darunter Prominente wie Fußballer Mats Hummels oder Komiker Otto Waalkes.
1. ALS-Tag im Ruhrgebiet
Der 1. ALS-Tag im Ruhrgebiet findet am Samstag, 24. März, von 10 bis 15 Uhr im Berthold-Beitz-Saal des Alfried-Krupp-Krankenhauses in Rüttenscheid, Alfried-Krupp-Straße 21, statt. Es sprechen u.a. Ärzte aus der Neurologie und Pneumologie.
Patienten und Angehörige können sich dafür anmelden bei Bettina Fischer aus der ALS-Ambulanz, bettina.fischer@
krupp-krankenhaus.de