Essen-Bergerhausen. . Zwei Jahre lang lebte die sechsköpfige Familie Alkhalaf aus Syrien im Flüchtlingsheim. Nun fand sie eine Wohnung –und wurde zum Einzug beschenkt.

Es ist eine späte, aber glückliche Ankunft für Familie Alkhalaf aus Syrien: Schon vor zwei Jahren sind sie nach Essen gekommen, doch erst jetzt konnten sie in eine eigene Wohnung ziehen, ihr neues Zuhause in Bergerhausen. Knapp zwei Wochen nach dem Umzug trudelte nun noch eine Kiste ein: die Welcome-Box von der Neuen Arbeit der Diakonie. Sie ist mit gespendeten Haushaltsgegenständen gefüllt und soll den Start erleichtern – bisher hatte die Familie nur wenige Habseligkeiten.

Zwei Jahre lang wohnten sie zu sechst in einem Raum

„Sechs Personen in einem Raum mit all ihren Sachen, das war so eng!“, sagt Vater Anas Alkhalaf. Dennoch kann er der Zeit in der Flüchtlingsunterkunft Am Funkturm in Holsterhausen auch etwas Gutes abgewinnen, „weil wir da Arthur begegnet sind“. Arthur heißt mit Nachnamen Langner, ist Sozialarbeiter beim Diakoniewerk und hat die Familie kennengelernt, als sie bereits ein Jahr im Heim lebte. „Da hatten sie schon einen Mietvertrag für eine Wohnung und standen vor dem Umzug.“

Doch die Wohnung, für die die Familie auch noch eine Vermittlungsgebühr bezahlt hatte, erwies sich als „echte Bruchbude“, wie Arthur Langner erzählt. Beim Besichtigungstermin habe auch der Mitarbeiter des Jobcenters – das die Miete getragen hätte – abgewinkt: „Unbewohnbar.“ Das sei das schlimmste Erlebnis in den zwei Jahren im Heim gewesen, sagt Anas Alkhalaf: erst die Hoffnung, dann das Entsetzen – am Ende die Kosten. Drei Monatsmieten sind weg, und selbst die Kaution habe der Vermieter noch nicht zurückgezahlt; nun solle ein Anwalt der Familie helfen, sagt Langner.

Die Kinder sprangen oft als Übersetzer ein

Der Fall sei krass, aber nicht völlig untypisch: Für eine Flüchtlingsfamilie mit vier Kindern eine vernünftige Wohnung zu finden, sei äußerst schwierig. So habe er vergeblich bei Wohngesellschaften angefragt. Gerade die beiden größeren Kinder hätten die Situation aber gut gemeistert und sehr rasch Deutsch gelernt. „Sie haben oft für mich übersetzt.“ Und wenn neue Familien in die Flüchtlingsunterkunft kamen, seien Ahmad (9) und Fatma (12) die Eisbrecher gewesen: „Die neu angekommenen Kinder waren schüchtern, aber die beiden haben sie zu den ehrenamtlichen Angeboten mitgenommen“, erzählt Langner. Er werde die Familie vermissen, freue sich jetzt jedoch sehr für sie.

Die eine weiße Welcome-Box reichte für die Spenden, die an Familie Alkhalaf in Essen-Bergerhausen gingen, gar nicht aus....
Die eine weiße Welcome-Box reichte für die Spenden, die an Familie Alkhalaf in Essen-Bergerhausen gingen, gar nicht aus....

Denn diesmal haben die Alkhalafs Glück gehabt: Die neue Wohnung, die an der Grenze von Bergerhausen und Rellinghausen liegt, ist über 100 Quadratmeter groß und bietet nicht nur der Familie genug Platz – sondern auch den vielen Gästen, die sie an diesem Montag großzügig bewirten. Mit der Welcome-Box kommen nämlich nicht nur die Mitarbeiter der Neuen Arbeit ins Haus. Sondern auch: das Vermieter-Ehepaar, die Integrationsbegleiterin Heike Schwaighofer vom Diakoniewerk, die die Familie ab jetzt begleiten wird, Arthur Langner... und eine Sprachmittlerin vom Verein Sprint, der 200 Muttersprachler beschäftigt, die für Flüchtlingsfamilien übersetzen. So wie Iman Chahrour, die seit 40 Jahren in Deutschland lebt und nun übersetzt, wie sehr sich Anas Alkhalaf freue, dass er nun „in dieser schönen Umgebung wohnt“.

Die Vermieterin war einst selbst ein Flüchtlingskind

Das Lob wiederum freut die Vermieterin, die verrät, dass sie selbst ein Flüchtlingskind war: Nach dem Zweiten Weltkrieg sei ihre Familie aus Ostpreußen ins Sauerland gekommen: „Ich weiß noch, wie es ist, wenn man als Fremder eintrifft und auf Hilfe angewiesen ist.“

Welcome-Boxen gab es damals noch nicht, heute dürfen sich die Alkhalafs über Pfannen, Töpfe, Besteck freuen – und ihre Kinder über Spielzeug und ein Laufrad. Und nicht nur sie, verspricht Karsten Schwanekamp (Neue Arbeit): „Wir wollen 200 Boxen im Jahr packen.“

>>>> FLÜCHTLINGE PACKEN DIE WELCOME-BOXEN

Das neue Willkommens-Projekt für Asylbewerber hat die Neue Arbeit der Diakonie entwickelt: In ihrem Kompetenzzentrum für Flüchtlinge in Frillendorf stellt sie sogenannte Welcome-Boxen her. Diese sind mit Haushaltsgegenständen und einigen Spielsachen gefüllt und gehen an Flüchtlinge, die in eine eigene Wohnung ziehen.

Die Welcome-Boxen werden im Rahmen des Arbeitsprojekts „Spendenlogistik und Lager“ von Menschen mit Migrationshintergrund in Handarbeit gefertigt und gepackt. „Wir füllen sie mit Besteck, Töpfen, Geschirr, Lampen, Elektrogeräten, Werkzeug oder Spielsachen“, erklären Karsten Schwanekamp und Jörg Riedel von der Neuen Arbeit der Diakonie.

Viele der jetzigen Spenden kamen übrigens von Mitarbeitern des Jobcenters. Sachspenden für weitere Welcome-Boxen nimmt das Kompetenzzentrum für Flüchtlinge (Manderscheidstr. 84) an oder holt sie ab. Info: 52 32 61 62