Essen. . Für den Auftritt von Ed Sheeran am Flughafen Essen/Mülheim soll die Feldlerche umziehen. Der Naturschutzbund nennt das Rechtsbruch.
Mit Unmut und Unverständnis hat der Beirat der Unteren Naturschutzverbände auf den Umgang der Behörden mit der Feldlerche am Flughafen Essen/Mülheim reagiert. Der bedrohte Vogel soll, wie berichtet, für das Konzert des britischen Sängers und Weltstars Ed Sheeran vom Flughafengelände weichen und auf einen nahen Acker umquartiert werden. Der Naturschutzbund (Nabu) NRW nennt das einen vorsätzlichen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Die Stadt Essen weist diesen Vorwurf von sich.
Bei dem Konzert am 22. Juli werden 80 000 Zuhörer erwartet. Der Veranstalter des Konzerts will dafür etwa 60 Hektar im Nord-Osten des 150 Hektar großen Flughafen Areals nutzen. Das Gelände soll komplett eingezäunt werden, so dass sich Besucher nicht außerhalb des Bereiches aufhalten können. Zahlreiche Vogelarten nutzen den weitläufigen Flughafen als Brutplatz und Rückzugsgebiet. Die Ornithologin Inge Püschel wies in einer 2016/2017 im Auftrag der Stadt Mülheim durchgeführten Brutvogelkartierung 74 Arten nach, darunter die vom Aussterben bedrohte Feldlerche. Laut Püschel brüten dort acht Paare, drei davon in dem für das Konzert vorgesehenen Bereich, zwei weitere in einer 300 Meter breiten „Pufferzone“. Diese fünf Brutpaare sollen umgesiedelt werden. Der ebenfalls bedrohte Steinschmätzer – drei Vögel wurden gesichtet – halte sich außerhalb des Konzertbereichs auf.
Der Veranstalter will ein „Ersatz-Habitat“ schaffen
Für die Feldlerchen will der Konzertveranstalter in Absprache mit einem Landwirt auf einer Ackerfläche in Fulerum ein „Ersatz-Habitat“ schaffen. In Mitten des Ackers soll eine fünf Hektar große Fläche so hergerichtet werden, dass die Feldlerchenpaare sich dort zum Brüten niederlassen. Die Feldlerche brütet zwischen Juni und Ende August in der Regel zwei Mal. Sein Nest baut der Vogel in 10 bis 15 Zentimeter hohem Gras. Die Feldlerche gilt als sehr „standorttreu“. Sie sei aber in der Lage, im Umkreis von zwei Kilometern einen Ersatz-Lebensraum zu suchen. Der als Ausweichquartier vorgesehene Acker liegt unweit der Velauer Straße etwa 1,5 Kilometer vom Flughafen entfernt. Die erste Brut soll die Feldlerche noch an ihrem Stammplatz aufziehen. Danach soll dort das Gras so kurz gehalten werden, dass sich der Vogel auf dem Ersatz-Habitat niederlässt. Dieses Vorgehen stehe im Einklang mit dem vom Land NRW herausgegebenen Leitfaden zur Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen, betont Jochen Fröhlich, vom Veranstalter bestellter Gutachter
Auch die Untere Naturschutzbehörde hält es für einen gangbaren Weg. Das Bundesnaturschutzgesetz sehe eine solche „vorgezogene ökologische Ausgleichsmaßnahme ausdrücklich“ vor, so Wolfgang Golles. Wie der Leiter der Behörde ausführte, verstößt das Konzert somit nicht gegen die Gesetzesvorgaben. Eine Artenschutzrechtliche Genehmigung sei deshalb nicht erforderlich. Die Untere Naturschutzbehörde werde lediglich eine Stellungnahme zum Antrag des Veranstalters abgeben. Für den Beirat hieß das: Er hat lediglich ein Anhörungsrecht, bleibt darüber hinaus in dem Verfahren aber praktisch außen vor.
Ulrike Eitner vom Nabu Ruhr äußerte Zweifel, ob die Feldlerche das vorgesehene Ersatz-Habitat tatsächlich annehmen wird. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Vögel dort freilaufenden Hunden ausgesetzt seien. Der Flughafen ist dagegen komplett eingezäunt.
Stadt fragte beim Veranstalter nach Verschiebung an
Aus Sicht der Naturschutzverbände wäre der Eingriff in den Lebensraum der Feldlerche vermeidbar. Das Konzert müsse dafür lediglich um wenige Wochen nach hinten verlegt werden, so dass die Brutzeit bereits vorüber wäre, wenn Ed Sheeran am Flughafen auftritt. Laut Umweltdezernentin Simone Raskob hat die Stadt beim Veranstalter angefragt, ob es möglich wäre, das Konzert zu verschieben. Doch ein Weltstar richtet seinen Terminkalender nicht nach der Feldlerche.