Essen. . Ruhrbahn-Chef Feller begrüßt die Idee, in Essen kostenlosen Nahverkehr zu testen. Sorge: Zu viele Fahrgäste für vorhandene Infrastruktur.

Der Mann am Steuer der Ruhrbahn war gänzlich ahnungslos: Nicht etwa aus der Politik, sondern von Journalisten erfuhr Michael Feller am Dienstag, dass Essen zu jenen fünf Städten zählt, in denen die Bundesregierung die Folgen eines kostenlosen Nahverkehrs testen möchte.

Herr Feller, Essen als Teststadt für die freie Fahrt in Bus und Bahn. Was halten Sie von der Idee?

Für uns kommt das ziemlich überraschend. Diskutieren können wir die Idee gerne, aber am Ende kommt es doch auf die Rahmenbedingungen an, unter denen der Test stattfinden soll. Und da wissen wir von nichts.

Was vielleicht viel Mitsprache bedeutet. Wie sähe der Test aus, wenn Sie ihn gestalten dürften?

Es geht dabei weniger um die Frage, wann man das testet, wo und für welchen Zeitraum. Wir reden doch darüber, dass der Wandel im Verkehrsverhalten so nachhaltig ausfallen muss, dass die Leute die Gelegenheit haben zu merken: Es geht auch ohne den Individualverkehr.

Ein langes Wochenende wird da wohl kaum reichen.

Natürlich nicht. Die ersten, die vielleicht auch recht zügig umsteigen, sind jene, die zwei, drei Haltestellen mit uns fahren, welche sie ansonsten – zumindest bei gutem Wetter – laufen würden. Bis ich mich aber Autofahrern als Alternative andienen kann, dauert das viel viel länger.

Und die Kostenfrage...

...muss natürlich auch geklärt werden. Wir kommen in Essen, um mal eine Größenordnung zu nennen, auf rund 100 Millionen Euro kassentechnische Einnahmen im Jahr.

Gut, von Geld war nicht die Rede.

Und dann ist da die Frage, wie wir die Kapazitäten im Nahverkehr ausrichten. Wenn in Stoßzeiten der Regionalexpress am Hauptbahnhof hält und die Fahrgäste auf die U-Bahn-Ebene Menschen abtauchen, müssen wir an manchen Tagen schon jetzt die Bahnsteige sicherheitshalber absperren, so voll ist es dort. Bei kostenlosen Fahrten würden viele dazustoßen.

Und das Testergebnis könnte lauten: Ist mir zu voll, ich steige nicht um.

Das wäre die Reaktion der möglichen neuen Kunden. Aber was ist mit unseren treuen Abonnenten?

Sorge, dass die fern bleiben?

Man muss das jedenfalls alles gut durchdenken. Auf jeden Fall sind wir erst einmal froh darüber, dass man erkennt: Wenn es um die Verkehrswende geht und die Luft in den Städten, dann ist der öffentliche Nahverkehr Teil der Lösung. Es setzt ein Umdenken ein, und das ist sicherlich eine gute Sache.