Essen-Kettwig. . Auf 500 Seiten erinnert Günter Voss in seinem jüngsten Buch an ein dunkles Kapitel der Geschichte. Zeitungsberichte als wichtige Quelle .
Die uralte Standuhr im Kettwiger Museums schlägt zur elften Stunde. In den Räumen unter dem Dach des Rathauses begibt man sich bei jedem einzelnen Ausstellungsstück auf eine spannende Zeitreise. Mit dem dunkelsten Kapitel der Kettwiger Vergangenheit hat sich Günter Voss intensiv beschäftigt. Drei Jahre dauerten die Recherchen, unzählige Stunden hat der Vorsitzende der Museumsfreunde im Stadtarchiv zugebracht – jetzt ist sein Buch „Kettwig unter dem Hakenkreuz“ auf dem Markt.
Eine Nachricht in einem Kettwiger Forum auf Facebook gab ihm den entscheidenden Anstoß. „Da stand, dass es für die heutige Generation wichtig ist, zu erfahren, was damals in Kettwig geschehen ist“, sagt der 78-Jährige. Die „Kettwiger Zeitung“, die später von der Mediengruppe WAZ (heute FUNKE MEDIENGRUPPE) übernommen wurde, war seine wichtigste Quelle. Im Vorwort zu seinem Buch schreibt Voss: „Leider druckte die Zeitung nur zensierte Artikel, die nicht immer mit der Meinung der Bevölkerung übereinstimmten.“ Aus diesem Grund veröffentlicht er ergänzend auch Berichte aus dem Widerstand.
Berichte aus dem Widerstand
Eigene Erinnerung an die letzten Kriegsjahre hat Günter Voss kaum. „Ich war ja ein kleines Kind, aber zumindest weiß ich noch, dass mich meine Mutter abends ins Bett brachte und ich am anderen Morgen in unserem Keller oder in einem Bunker aufwachte. Und auf Bildern, die ich in dieser Zeit gemalt haben, sind Flugzeuge und Bomben zu sehen. So habe ich das wohl verarbeitet.“
Die Zeit von 1920 bis 1945 deckt er mit Zeitungsberichteten und seinen Ergänzungen ab. „Natürlich werden auch in Kettwig bekannte Familien erwähnt – aber nur in Texten, die öffentlich zugänglich sind. In anderen Fällen habe ich mir mit Abkürzungen geholfen“, sagt Voss.
Auch mit der eigenen Geschichte hat sich der Kettwiger beschäftigt. Er lebte damals mit seiner Familie in der Kirchfeldstraße, und nur vier Monate nach seiner Geburt, im April 1940, wurde sein Vater eingezogen. Er kehrte erst im Jahr 1949 aus polnischer Gefangenschaft zurück.
Druck auf Andersdenkende
Auf 500 Seiten ist in dem Buch zu lesen, wie die NSDAP mehr und mehr den Alltag der Kettwiger bestimmte. Die Euphorie war zu Beginn groß. Günter Voss: „Denken Sie sich in die Zeit um 1929 zurück. Eine Zeit der Not. Viele Arbeitslose standen auf der Straße. Menschen ohne Zukunft. Dann kam jemand und versprach ein besseres Deutschland.“
Doch Andersdenkende hatten es zunehmend schwer. „Ich weiß von einem städtischen Gärtner, der acht Kinder hatte. Er wollte sie nicht in die Hitlerjugend schicken und wurde daraufhin entlassen.“
In einer ersten Auflage von 50 Exemplaren ist „Kettwig unter dem Hakenkreuz“ erschienen. „Ich bin beim Bestellen vorsichtig gewesen, aber ich würde mich freuen, wenn viele Kettwiger dieses Buch lesen würden. Das ist mir wichtig.“
>>> Buch ist im Eigenverlag erschienen
Das Buch „Kettwig unter dem Hakenkreuz“ von Günter Voss ist im Eigenverlag erschienen.
Es ist ab sofort zum Preis von 24,50 Euro bei den Kettwiger Museums- und Geschichtsfreunden im Rathaus erhältlich, bei Buch Decker (Hauptstraße 92, 02054/93 50 77) und in der Buchhandlung Folgner (Hauptstraße 64, 02054/8 47 85).