Neuer Essener Kunstverein will zeitgenössische Künstler fördern. Er wurde von engagierten Bürgern gegründet. Ausstellungsraum an der Bernestraße

Ein schlichtes Ladenlokal an der Bernestraße unweit der Alten Synagoge: Im weiß gekalkten, von Neonröhren beleuchteten Raum finden sich drei großformatige Bilder, dazwischen Installationen und Skulpturen. „NEK“ steht in schmalen Lettern auf der großen Fensterscheibe. Das sind die Initialen des neuen Essener Kunstvereines, der erst im September 2017 von engagierten Bürgern gegründet wurde. Er versteht sich als Impulsgeber zeitgenössischer Kunst.

Doch wie entsteht überhaupt ein Kunstverein? Indem sich mehrere kunstaffine Menschen treffen und gemeinsam überlegen, wie sie die heimische Kunstszene bereichern können. So zumindest erzählen es Hubert Weustenfeld und Moritz Scheper. Die beiden Essener gehören zu den sieben Gründungsmitgliedern des neuen Kunstvereines, der, anders als eine Galerie, gemeinnützig ist und keine kommerziellen Interessen verfolgt.

Vermittler von neuen Positionen

Warum braucht Essen einen Kunstverein? „Weil es hier noch keinen funktionierenden gibt“, lautet die recht einfache Antwort von Hubert Weustenfeld. Kunstvereine, so führt er weiter aus, haben im deutschen Bürgertum nicht nur eine lange Tradition, sie verstehen sich auch als Bindeglied zwischen Bürgern und Künstlern und als Vermittler neuer, künstlerischer Positionen. „Genau das hat in unserer Stadt gefehlt“, ist er überzeugt und verweist auf sehr erfolgreiche Kunstvereine in kleineren Städten wie zum Beispiel Bielefeld. Und Dortmund habe gleich zwei international beachtete Kunstvereine. Das wolle man sich auch in Essen zum Vorbild nehmen.

Was genau macht ein Kunstverein? „Das Adjektiv neu in unseren Namen bezieht sich nicht nur auf das Gründungsdatum. Es bedeutet auch, dass wir neue Kunst bzw. noch nicht so etablierte Künstler fördern. Wir verstehen uns quasi als Unterbau des Museums“, erklärt Moritz Scheper. Als studierter Kunsthistoriker verfügt er über viele Kontakte in die junge Szene. Ein Grund, weshalb er die künstlerische Leitung für den Verein übernommen hat. In der kurzen Zeit, in der es den Kunstverein gibt, gab es bereits zwei Ausstellungen an der Bernestraße.

Mittlerweile 50 Mitglieder

Die aktuelle Schau läuft noch bis zum 1. April unter dem Titel „Tomorrow’s Dream“ Sie wurde von der griechischen Künstlergruppe „Daily Lazy“ kuratiert und beschäftigt sich in Installationen und Malereien mit den Themen Abwesenheit. „Wir werden hauptsächlich Skulpturen und Malerei ausstellen und klammern die Fotografie aus“, so Scheper.

Wie finanziert sich ein Kunstverein? Zum einen durch Fördermittel aus Stiftungen. Und natürlich durch die Mitgliedsbeiträge. „In der kurzen Zeit sind wir auf 50 Mitglieder angestiegen. Doch wir möchten unbedingt weiter wachsen, sagt Hubert Weustenfeld. „Wir sind keine elitäre Truppe“, ergänzt Moritz Scheper, „wir sind offen für alle, die Lust auf Kunst haben.“

Zeichen bürgerlicher Emanzipation

Die ersten Kunstvereine wurden im Zeitraum zwischen 1800 und 1840 vom aufstrebenden Bürgertum und von Künstlern gegründet. Ihr Ziel war die Vermittlung zwischen Laien und der Gegenwartskunst und der Verkauf aktueller Kunstwerke.

Die Beschäftigung mit Kultur und das Sammeln von Kunst sollte nicht länger dem Adel überlassen bleiben. Die Kunstvereine waren Ausdruck von Emanzipationsbestrebungen, ein Schritt in die moderne demokratische Gesellschaft.

Zu den ältesten Kunstvereinen zählen die Albrecht-Dürer-Gesellschaft in Nürnberg (1792), der Kunstverein in Hamburg (1817) und der Badische Kunstverein in Karlsruhe (1818).