Essen. . Wir suchen Standorte von Kohlenloren im Stadtgebiet. Sie schmücken Vorgärten und symbolisieren Heimatliebe. Ziel: der „Essener Loren-Atlas“.

Je näher das Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet rückt, desto mehr fallen sie auf: die großen und kleinen Wahrzeichen dieses Zeitalters – von der Grubenlampe zum Schachtgerüst, von der Seilscheibe zum Weltkulturerbe.

Zu den Klassikern dieser Schlägel & Eisen-Nostalgie zählen die ausrangierten Kohlenloren, die überall im Stadtbild zu sehen sind: in Vorgärten und Kleingartenanlagen, auf beliebten Plätzen im Quartier und auf traditionsreichen Sportanlagen.

Ein „Essener Loren-Atlas“ soll entstehen

Heimatliebe und Besitzerstolz: Martin Winkels hat vor zwei Jahren diese Pracht-Kohlenlore geschenkt bekommen, die seither seinen Vorgarten in Katernberg ziert.
Heimatliebe und Besitzerstolz: Martin Winkels hat vor zwei Jahren diese Pracht-Kohlenlore geschenkt bekommen, die seither seinen Vorgarten in Katernberg ziert. © Socrates Tassos

Um einen Überblick über diese immense Loren-Vielfalt zu gewinnen, will diese Zeitung jetzt den „Essener Loren-Atlas“ anlegen. Ein Projekt, das von Ihrer Unterstützung lebt, liebe Leserinnen und Leser! Teilen Sie uns mit, wo Loren in Ihrer Nachbarschaft aufgestellt sind.

Martin Winkels aus der Viktoriastraße in Katernberg ist seit zwei Jahren stolzer Besitzer einer Lore. „Das Geschenk zu meinem 50. Geburtstag“, sagt er und strahlt. Das Prachtstück steht direkt vor seinem Haus und ist ein echter Hingucker.

Jahrelang im Internet und auf Schrottplätzen nach einer Lore gesucht

Loren wie diese verkörpern Heimatliebe und Besitzerstolz, Zechenromantik und Lokalpatriotismus. Jahrelang hatte Winkels nach einem solchen Förderwagen gesucht, im Internet und auf Schrottplätzen, doch fündig ist er nicht geworden. „Am Ende haben Freunde das gute Stück entdeckt.“

Es sei gesandstrahlt und von störendem Rost befreit worden, die vier Räder wurden schwarz und die große Wanne grau lackiert. Nicht zu vergessen die Holzschwellen und die angeschweißten Schienenstücke, die einer Lore die nötige Standfestigkeit verleihen. Dann endlich kam der feierliche Augenblick.

Bagger musste helfen die Lore aufzustellen

„Mit einem Bagger haben wir das Teil vom Anhänger gehoben und in den Vorgarten gesetzt“, berichtet Martin Winkels. Seitdem weiß er auch, wie viel Leergewicht diese montane Rarität besitzt. „Genau 810 Kilogramm.“ Voll ist sie ein Ein-Tonner.

Die meisten Loren im Revier dienen als Pflanz- oder Blumenkübel – entweder pflegeleicht mit Efeu und Buchs oder bunt mit frischen Geranien, Primeln und Weihrauch. Für Kaspers hingegen kommt nur eine Variante in Frage, man könnte sie die „originale“ nennen.

Echte Kohlebrocken schmücken die Lore

Ein Bild von den Aufbauarbeiten. Mit einem Kran wurde die Lore an ihren Bestimmungsort gebracht.
Ein Bild von den Aufbauarbeiten. Mit einem Kran wurde die Lore an ihren Bestimmungsort gebracht. © privat

„Untertage hat die Lore Kohlen transportiert, deshalb habe ich jetzt auch echte Kohlebrocken reingelegt.“ Man spürt: Der Katernberger Bergbau-Traditionalist schreibt Liebe zum Detail ziemlich groß. „Das Steinbeet aus Granitstücken soll das Schotter-Gleisbett darstellen.“

Zum Bergbau hat der 52-Jährige seit jeher tiefe emotionale Bindungen. „Mein Großvater hat auf dem Pütt gearbeitet und mein Vater war Bergmann auf Zollverein und Consolidation.“ Zuletzt habe er übertage im Gleisbau von Zollverein gearbeitet.

Touristen möchten Kohle kaufen

Bergbau – das bedeutet für ihn mehr als Püttromantik und Fördertürme. Kindheitserinnerungen an Opas Kolonie kommen wieder hoch und er sagt: „Zeche – das ist dieses unbeschreibliche Zusammengehörigkeitsgefühl.“ Dann fügt er hinzu: „Ich bin in Katernberg geboren und wollte nie weg.“ Fußball hat er für die DJK Katernberg gespielt und die Vikoria-Klause mit dem kernigen Wahlspruch „Ehrlich wie das Ruhrgebiet“ ist seine Stammkneipe.

In Katernberg haben sie die letzte Lore voller Kohle schon am 23. Dezember 1986 ans Tageslicht gezogen: zugleich das Ende der Kohlenförderung in Essen. Längst ist Zollverein Weltkulturerbe und Besuchermagnet. Auch vor Martin Winkels’ Prachtlore halten Touristen gerne staunend inne. „Die meisten knipsen ein Bild, aber einige fragen sogar, ob ich ihnen ein Stück Kohle aus der Lore verkaufen kann.“

>>>Aktion zum Mitmachen: Der Essener Loren-Atlas

Obwohl die Lore für das „schwarze Erbe“ steht, durfte sie in der  Ausstellung zum Grüne-Hauptstadtjahr auf Zollverein nicht fehlen.
Obwohl die Lore für das „schwarze Erbe“ steht, durfte sie in der Ausstellung zum Grüne-Hauptstadtjahr auf Zollverein nicht fehlen.

Essen war einst die größte Bergbaustadt des Kontinents. Die zahlreichen Loren bzw. Förderwagen im Stadtgebiet sind ein sicheres Indiz dafür, dass hier einst Kohle abgebaut wurde.

Der „Essener Loren-Atlas“ dient nicht nur dazu, stählerne Wannen bloß zu kartografieren. Denn jede Lore erzählt auch eine kleine Geschichte, sie sind somit Teil der Erinnerungskultur.

Von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, möchten wir wissen: Wo stehen Loren? Wer hat sie wann aufgestellt? Und vor allem: Wer kümmert sich um sie?

Gerne können Sie Bilder und kleine Geschichten einreichen. Per E-Mail an: redaktion.essen@waz.de. Per Post: WAZ-Lokalredaktion Essen Stichwort „Loren-Atlas“, Sachsenstraße 36, 45123 Essen.

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