Frohnhausen. . Selbst für Kriegsverhältnisse war es ein brutales Verbrechen: Essener Zivilisten griffen im Dezember 1944 drei britische Luftwaffenangehörige an, die den Absturz ihres Lancaster-Bombers überlebt hatten und warfen sie von der Wickenburgbrücke in Frohnhausen. Die Verletzten wurden anschließend erschossen, die Leichen geplündert. Das Ganze geschah unter den Augen einer Eskorte der 6. Kompanie des Landesschützenbataillons, die die Kriegsgefangenen zum Mülheimer Flugplatz bringen sollte. „Doch der verantwortliche Hauptmann Erich Heyer hetzte die anwesenden Zivilisten auf, die drei Männer, die er Mörder nannte, anzugreifen“, weiß Traugott Vitz. Der pensionierte Essener Pfarrer, der das Geschehen rekonstruierte, regte eine Gedenktafel an, die an Lynchmorde erinnert. Demnächst wird sie auf der Brücke ihren Platz finden.

Selbst für Kriegsverhältnisse war es ein brutales Verbrechen: Essener Zivilisten griffen im Dezember 1944 drei britische Luftwaffenangehörige an, die den Absturz ihres Lancaster-Bombers überlebt hatten und warfen sie von der Wickenburgbrücke in Frohnhausen. Die Verletzten wurden anschließend erschossen, die Leichen geplündert. Das Ganze geschah unter den Augen einer Eskorte der 6. Kompanie des Landesschützenbataillons, die die Kriegsgefangenen zum Mülheimer Flugplatz bringen sollte. „Doch der verantwortliche Hauptmann Erich Heyer hetzte die anwesenden Zivilisten auf, die drei Männer, die er Mörder nannte, anzugreifen“, weiß Traugott Vitz. Der pensionierte Essener Pfarrer, der das Geschehen rekonstruierte, regte eine Gedenktafel an, die an Lynchmorde erinnert. Demnächst wird sie auf der Brücke ihren Platz finden.

Auf den Fall stieß er bei Recherchen zu einem Buch über britische Hinrichtungsmethoden. „Ich habe in einer Dokumentation über Gräber von Hingerichteten in Hameln über die Lynchmorde gelesen“, erzählt der 67-Jährige. Denn im Hamelner Zuchthaus wurden 1946 die Mörder der drei Soldaten der Royal Air Force gehängt.

Traugott Vitz ließ die Geschichte keine Ruhe. Bei seinen Forschungen lernte er Marc Hall und Sean Seast kennen, zwei britische Luftwaffenhistoriker, die sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigten. „Gemeinsam mit Marc Hall habe ich das Archiv im Keller des Südwestfriedhofs nach alten Beerdigungsdokumenten durchsucht.“

Dabei entdeckten sie die Unterlagen von 26 britischen Besatzungsmitgliedern, die Ende 1944 in Essen ihren Tod fanden, beerdigt und später von den Briten exhumiert und identifiziert wurden. Damals kam es am 12. Dezember zum letzten großen Nachtangriff der RAF. Von den eingesetzten 349 Lancaster-Bombern stürzten vier in oder nahe Essen ab. An Bord befanden sich insgesamt 29 Besatzungsmitglieder. „Die drei, die in den Unterlagen fehlen, sind die Mordopfer“, so Vitz. Deren Identität ist immer noch ungeklärt. „Aber Marc Hall ist sich ziemlich sicher, dass er zumindest einen der Ermordeten identifiziert hat.“ Hall habe inzwischen auch den Kontakt zu der Familie aufgenommen, damit sie nicht nur erfahren, wie ihr Vater, Großvater, ums Leben gekommen ist, sondern dass seine Mörder bis auf einen schnell gefasst wurden: Franz Kircher, Erich Heyer und Johann Braschoß wurden 1945 und 1946 von einem britischen Militärgericht zum Tode durch den Strang verurteilt, drei weitere Zivilisten erhielten Haftstrafen. Nicht gefasst wurde ein Unteroffizier, der untertauchen konnte. „Dieser Unteroffizier hat von der Brücke auf die drei Flieger geschossen, nachdem sie bereits runtergeworfen wurden.“

Bezirksvertretung hat zugestimmt

Erst 45 Jahre nach Kriegsende hat der Essener Staatsanwalt Bernd Schmalhausen den Mordfall nochmals aufgerollt, in der Hoffnung, den letzten Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Doch dafür war es zu spät: „Schmalhausen hat herausgefunden, dass der Unteroffizier inzwischen verstorben war“, so Vitz.

Für ihn schließt sich mit dem Anbringen der Gedenktafel eine Lücke. „Wir denken an die eigenen Kriegstoten, an die Zwangsarbeiter, da sollte die Erinnerung an die drei gelynchten Kriegsgefangenen nicht fehlen.“ Mittlerweile hat die zuständige Bezirksvertretung seinem Antrag und dem von ihm vorgeschlagenen Text zugestimmt. Mitte des Jahres, so glaubt Vitz, wird die Tafel auf der Wickenburgbrücke enthüllt. Vielleicht haben die Ermordeten bis dahin auch endlich einen Namen, ein Gesicht.