Essen. . Wir starten mit unserer neue Leseraktion. Der VW Polo unserer Redakteurin hat über 300 000 Kilometer auf dem Tacho – wer bietet mehr?

Neulich war ich fast soweit: Ich wollte meinen Polo verschrotten lassen – nachdem ich den größeren Teil meines Lebens mit ihm verbracht habe.

All die Jahre habe ich die Verlockungen der Autobranche ignoriert, der Abwrackprämie widerstanden, den Spott über meine Blechbüchse ertragen und schlafwandlerisch mit Starterkabeln hantiert. „Wir haben über 300 000 Kilometer zusammen zurückgelegt“, erklärte ich dem Automechaniker, der einige Jahre lang die Mängel an dem betagten Wagen behoben hatte. Der Mann nickte: „Irgendwann ist auch mal Schluss.“

Beziehung zum geliebten Auto begann 1989

Angefangen hat es mit mir und dem Polo im Juni 1989, damals gab es noch die DDR. Im Rückblick mutet auch die Polo-Ausstattung realsozialistisch an: Es gibt nur ein Rückfahrlicht, den zweiten Außenspiegel musste ich als Extra bestellen. Innen findet man Ölwarnleuchte, Tankanzeige, Tachometer – basta.

Selbst eine Uhr fehlt; und der Kilometerzähler hat bloß fünf Stellen, so dass ich meinen fabulösen Kilometerstand von 330 767 km nur mit Hilfe der Inspektionsprotokolle beweisen kann.

Die ersten 100 000 Kilometer fast nur auf der Autobahn

Meine ersten 100 000 machte ich fast nur auf der Autobahn. In Münster, wo ich studierte, war ich ja mit dem Rad unterwegs; der Polo brachte mich in meine Heimatstadt Bonn, zu Freunden nach Berlin oder in den Rest der Welt.

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Er bot mir und meinem Freund Zuflucht in einem verregneten Zelturlaub in Slowenien und bewährte sich auf dem Weg zu einer eingeschneiten Schweizer Berghütte: Immer wieder rutschte er an der steilen Auffahrt ab, bis ich mich auf die Motorhaube setzte und der so beschwerte Wagen Halt fand.

Erinnerungen mit dem Auto verbunden

Wenn ich meine Freundin Eva, die mich damals begleitete, heute besuche und vor ihrer Haustür parke, seufzt sie: „Ach, der Polo – wie schön!“ Mein Auto ist ein verbeulter Gruß aus der Vergangenheit, es weckt Erinnerungen an Skifahren, Schnee, Stockbetten und Jugend. Nicht nur bei Eva. Damals war der Polo ja Kollektiveigentum meiner Freunde, brachte Bierkisten zu Partys und Ikearegale in WG-Zimmer.

Der aktuelle Kilometerstand. Allerdings fehlt eine „3“ davor. Wer bietet mehr?
Der aktuelle Kilometerstand. Allerdings fehlt eine „3“ davor. Wer bietet mehr?

Als ich für ein Jahr nach Frankreich zog, machte er den Umzugswagen, die Ladefläche vollgestopft, das Fahrrad auf dem Dach. Ich war Assistenzlehrerin in einer Kleinstadt und alle Schüler wussten, wenn ich abends im Kino oder in der Disco gewesen war, weil dort „la petite Polo“ gesichtet worden war. Später verstand er es, sogar in Berlin Aufsehen zu erregen: Beim Bundespresseball fiel er zwischen ministeriellen und sonstigen Limousinen ziemlich auf, wurde aber anstandslos geparkt und später wieder vorgefahren.

Airbag und Zentralverriegelung? Fehlanzeige

Heute bekommen die Menschen einen verklärten Blick – oder sie rümpfen die Nase über mein Auto, das von Airbag bis Zentralverriegelung eine einzige Fehlanzeige ist. „Du könntest die Klimaanlage einschalten“, ruft ein Freund meines Sohnes von der Rückbank. Ich kurbele das Schiebedach auf und lege ein Mixtape ins Cassettendeck.

Seine großen Zeiten sind vorbei. Zuletzt blieb er häufiger liegen, begann mit 26 Jahren zu rosten: Wasser sammelte sich im Handschuhfach, schwappte in den Kurven heraus. Um die Beifahrer zu verschonen, klebte ich die Klappe zu. „Irgendwann ist auch mal Schluss“, sagte ich zu meinem Mann – meinte den Polo und die Kapitulation des Schraubers. Und mein Mann, der so oft über meine Karre gelästert hatte? Fand eine neue Werkstatt, wo mein Auto liebevoll repariert, geschweißt, gewienert wurde. „Man muss doch was tun für den Polo“, sagte der Meister. So steuern wir nun das H-Kennzeichen an: Nächstes Jahr wird mein Polo 30.

Unsere Leseraktion: Wer bietet mehr?

Ab und an sehen Essens Tüv-Prüfer 400 000 km auf einem Tacho: Solche Rekorde erzielen vor allem Taxis oder gut gepflegte alte Schätzchen. Wir laden Sie, liebe Leserinnen und Leser, ein, die 330 767 km zu überbieten, die der Polo von Christina Wandt auf dem Tacho hat: Werden Sie Kilometer-König.

Melden Sie sich und erzählen Sie die Geschichte Ihres Autos: redaktion.essen@waz.de oder per Post: WAZ Lokalredaktion, Sachsenstr. 36, 45123 Essen. Stichwort: Kilometer-König

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