Essen. . Die 19 Berufskollegs in Essen sind mehr als reine Berufsschulen. Es gibt immer neue Vollzeit-Bildungsgänge für Abgänger anderer Schulen.
Berufskollegs sind nicht nur offen für Azubis, die zur Berufsschule gehen. Denn die Zahl der Jugendlichen, die von anderen Schulen kommen und dann am Berufskolleg ihr Abi machen, steigt. Die Berufskollegs bieten immer mehr Vollzeit-Bildungsgänge an, die zur vollwertigen Hochschulreife führen – zwei aktuelle Beispiele: Das Erich-Brost-Berufskolleg (Südviertel) sowie das „Berufskolleg im Bildungspark“ (Altenessen).
„Die Nachfrage verändert sich, und deshalb verändern die Berufskollegs ihr Angebot“, sagt Georg Greshake, der Leiter des Berufskollegs West (Frohnhausen) und Sprecher aller Berufskollegs in Essen. An seiner Schule absolvierten im letzten Schuljahr zum Beispiel mehr als 60 Schüler das „Technische Gymnasium“ – ein dreijähriger Bildungsgang mit den Schwerpunkten Maschinenbautechnik und Mathe, am Ende steht das reguläre Abitur.
Firmen interessieren sich für Kandidaten mit Abi
Auch, wenn nicht jeder Absolvent eines solchen Bildungsgangs danach studieren will: „Die Firmen nehmen mittlerweile gerne etwas ältere Kandidaten für eine Berufsausbildung, nur noch jeder zehnte Abgänger einer zehnten Klasse macht direkt eine Lehre“, sagt Greshake.
Am Erich-Brost-Berufskolleg hat man ebenfalls festgestellt, dass „das Abitur das Ziel der meisten Schüler ist“, sagt Schulleiterin Anette Grambow. Vom nächsten Jahr an können junge Erwachsene, die schon das Fach-Abi haben (Klasse zwölf an Gesamtschulen oder anderen Kollegs) in einer „Fachoberschule Wirtschaft und Verwaltung“ das Abi machen – mit entsprechenden Schwerpunkten. „Die Idee, dass das Schulsystem nach oben hin nicht durchlässig ist, stimmt einfach nicht“, sagt der Bildungsgangleiter Carsten Vook. „Man muss nur das Angebot kennen.“
Angebot ist sehr unübersichtlich
Doch das ist gerade den Berufskollegs ziemlich unübersichtlich: Denn sie sind für sehr viele Abgänger offen und bieten entsprechend verschiedene Abschlüsse an – so haben Neugierige erst mal Schwierigkeiten, sich durch die Begriffe zu kämpfen: Berufsfachschule, Höhere Berufsfachschule, Fachoberschule, Höhere Handelsschule – die Bildungsgänge nehmen Haupt-, Real- oder Gesamtschüler auf, je nach Abschluss, und führen zum einfachen oder mittleren Schulabschluss – oder eben bis zum Abitur. Seit drei Jahren veranstalten zwölf Berufskollegs in Essen gemeinsam jährlich eine Info-Börse in der Weststadthalle. Erst letztes Wochenende gab es wieder eine: „Ich habe den Eindruck, dass die Interessierten jetzt gezielter kommen und wir entsprechend konkreter beraten können“, sagt Reinhild Vogt vom Kükelhaus-Berufskolleg.
Großer Orientierungs-Bedarf bei interessierten Schülern
Weil der Orientierungs-Bedarf so groß ist, führt das Berufskolleg im Bildungspark mit jedem seiner neuen Schüler zunächst ein ausführliches Gespräch: „Da stellen wir fest, dass längst nicht jeder Kandidat sich unbedingt für unsere Schwerpunkte interessiert. So können wir vorab falsche Entscheidungen verhindern“, sagt Ingrid Kratkey, die Leiterin der Schule, die den Schwerpunkt Gesundheit und Erziehung hat.
Dort gibt es vom kommenden Schuljahr an auch einen neuen Bildungsgang, der bis zum Abi führt: das „Berufliche Gymnasium für Gesundheit“. Dabei gibt es erstmals im Stadtgebiet das Schulfach „Gesundheit“. „Vermittelt werden Grundlagen der Medizin, Biologie und wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Aspekte des Themas“, sagt Bildungsgang-Leiter Michael Bengel. Angesprochen sind junge Kandidaten, die womöglich mal Medizin studieren wollen, sich aber am Gymnasium nicht wohl fühlen. Oder eine Laufbahn in einem medizinischen Beruf planen, die über die reine Pflegetätigkeit hinausgeht.“ Denn qualifizierte Fachkräfte besonders in der Medizin, das ist eine Binsenweisheit, fehlen. Und dass Essen ein ausgewiesener Medizin-Standort ist, auch. „Eigentlich stellt sich die Frage, warum es ein solches Gesundheits-Abi noch nicht gibt“, sagt Kratkey. Nach den Sommerferien geht’s los. Die bisherige Resonanz, heißt es, sei vielversprechend.
>>> WELCHE BERUFSKOLLEGS ZUM ABI FÜHREN
An mehreren städtischen Berufskollegs gibt es Bildungsgänge, die bis zur Allgemeinen Hochschulreife (Abitur) oder zumindest bis zum Fach-Abi führen.
Dazu zählen zum Beispiel das Heinz-Nixdorf-Berufskolleg in Frohnhausen mit dem Schwerpunkt Informationstechnik (IT), das Kükelhaus-Berufskolleg (Südviertel) mit dem Schwerpunkt Gestaltungstechnik, das Berufskolleg West (Frohnhausen, Maschinenbau) und das Berufskolleg im Bildungspark (Altenessen, Soziales, Erziehung, Gesundheit).
Neben den städtischen Berufskollegs gibt es etwa ein halbes Dutzend Berufskollegs in privater Trägerschaft. Auch sie bieten teilweise Bildungsgänge an, die bis zum Abi führen – zum Beispiel das Dore-Jacobs-Kolleg (Zeche Helene, Altenessen), an dem man zum Freizeitsportleiter ausgebildet wird inklusive Abitur – mit den Pflicht-Leistungskursen Sport und Biologie.
Alle Berufskollegs im Stadtgebiet sind mit den entsprechenden Links auf einer Internet-Seite der Stadt aufgeführt: www.essen.de/Kultur und Bildung/Schulen