Essen. . Bezirksregierung Arnsberg hat allein für Essen 2500 Schächte aufgelistet. Kleinzechen südlich der A 40 verursachen die meisten Folgeschäden.

Problemstollen am Hauptbahnhof, Tagesbruch mitten auf der A 40 und gesperrte S 6: Immer wieder sorgen einsturzgefährdete Schächte in Essen für massive Verkehrsbehinderungen. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. „Bis in Essen alle Schäden aus 300 Jahren Bergbau saniert sind, werden noch mindestens zwei bis drei Generationen vergehen“, prophezeit Peter Hogrebe, Dezernatsleiter Altbergbau bei der Bezirksregierung Arnsberg.

Peter Hogrebe ist Leiter des Dezernats Altbergbau der Bezirksregierung Arnsberg.
Peter Hogrebe ist Leiter des Dezernats Altbergbau der Bezirksregierung Arnsberg.

Mit Bochum und Witten zählt Essen zu Brennpunkten des Altbergbaus in NRW. Eindrucksvolle Zahlen belegen dies. Zwischen Karnap und Kettwig zählen die Arnsberger rund 2500 Schächte. Für die Hälfte (1262 Schächte) ist allein die RAG verantwortlich, 481 entfallen auf die ehemaligen Heinrich-Zechen und für 634 ist Arnsberg zuständig – „weil es für diese Zechen und Schächte keine Rechtsnachfolger mehr gibt“, so Hogrebe.

Die A 40 erzeugt auch in Sachen Altbergbau ein Nord-Süd-Gefälle. „Alle Schächte, für die wir in Essen verantwortlich sind, liegen im Süden.“ Während die im Norden stillgelegten Schächte in punkto Sicherheit als „gut bearbeitet“ gelten, konzentrieren sich die „tagesbruch-relevanten Schächte“ auf den Süden.

415 Tagesbrüche in Essen binnen zwölf Jahren

Zwischen 2005 und 2016 sind in Essen 415 Tagesbrüche gemeldet worden, das macht durchschnittlich 35 Tagesbrüche im Jahr.

Längst nicht alle sind so spektakulär wie der Tagesbruch, der die S 6 monatelang lahm legt. Von Tiefzechen wie etwa Carl Funke und Pörtingsiepen (Heisingen) abgesehen, tummelten sich im Süden lauter Mini-Pütts – im Bergbau-Jargon „Zeche Eimerweise“. Zechen, in denen kleinste Mengen Kohle gefördert wurden, zum Teil noch in den Notjahren nach den Weltkriegen.

Während für XXL-Schachtanlagen wie Zollverein Lagerstätten in 1000 Meter aufgeschlossen werden mussten, steht der Süden für die romantisierende Ära des oberflächennahen Bergbaus. „Die Folgeschäden des wilden und undokumentierten Bergbaus bereiten uns immense Arbeit“, sagt Hogrebe.

Der Laie bildet sich ein, dass Essen 31 Jahre nach Ende der Kohleförderung immer noch durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse - mit bedrohlich großen Hohlräumen, die schlimmstenfalls riesige Krater in die Oberfläche reißen.

RAG hat in den letzten fünf Jahren 43 Tagesöffnungen saniert

Doch so dramatisch sei die Lage keinesfalls, betont der Altbergbau-Spezialist. Die Hohlräume seien meistens Verbruchzonen, also ausgekohlte Bereiche mit Versatz des alten Bergbaus. Hinzu kommen Schächte, die nur mit lockerem Material verfüllt wurden. Das Ergebnis: Die Oberfläche sei nicht mehr standsicher, es müsse nachverfüllt werden. Die Bezirksregierung hat allein in Essen in den letzten drei Jahren 47 Schächte saniert.

Durch ein ausgeklügeltes Präventions- und Monitoringprogramm versucht die RAG Tagesbrüche rechtzeitig zu verhindern. „Trotz größtmöglicher Sorgfalt lassen sich diese aber nicht sicher ausschließen“, sagt RAG-Sprecherin Lea Fischer. Südlich der A 40 kümmert sich die RAG auf einer Fläche von 72 qkm um die Folgen des oberflächennahen Bergbaus. In den letzten fünf Jahren habe es dort insgesamt 7540 „Befahrungen“ gegeben. Im selben Zeitraum hat die RAG in Essen 43 Tagesöffnungen saniert. In diesem Jahr stehen in Essen zehn Tagesöffnungen auf der Projektliste der RAG-Altbergbauspezialisten.

>>> TAGESBRUCH IN HEISINGEN

Am Koldenbuschweg war im November 2016 eine Garageneinfahrt abgesackt, ein Pkw stand quasi im Loch. Die Bewohner mussten das Haus fast ein Jahr verlassen.

Für die Sanierung wurden dort 5607 Tonnen Verfüllmaterial verarbeitet. Im 2. Abschnitt Bogenstraße: 893 Tonnen. Kosten insgesamt: 3,7 Millionen Euro.