Essen. . In das Gründerzentrum Triple Z zieht ein ungewöhnliches Unternehmen ein. Die Movido GmbH hält konservierte Leichen für Fortbildungen bereit.

Ins Katernberger Gründungs- und Unternehmenszentrum Triple Z ist ein außergewöhnliches Unternehmen gezogen: Bei der Movido GmbH sollen künftig Ärzte und Fachpersonal von den Toten lernen können. Das 2017 gegründete Bildungsinstitut bietet anatomische Fortbildungen an und benutzt dafür Körperspenden.

Eine private medizinische Weiterbildungsstätte, die konservierte Leichen nicht nur vorrätig hält, sondern extra dafür ein eigenes Körperspendenprogramm betreibt – das ist laut Initiator und Geschäftsführer Ralf Schoppe deutschlandweit bisher einzigartig.

Operationen können simuliert werden

Doch wie kommt man auf diese Idee? „Ich habe jahrelang Weiterbildungen für Ärzte organisiert und dabei festgestellt, dass es für diese Klientel kaum Möglichkeiten gibt, an echten Präparaten zu üben“, so der Gesundheitsökonom. „Entsprechend groß ist das Interesse an solchen Kursen.“

Die anatomischen „Präparationskurse“, die es in Deutschland bislang gibt, finden an den medizinischen Fakultäten statt und richten sich ausschließlich an Medizinstudenten. „Doch auch Ärzte oder medizinisches Fachpersonal müssen die Chance haben, zum Beispiel neue OP-Techniken einzuüben“, so Schoppe weiter. Und zwar nicht in einer akuten Situation im Operationssaal, sondern an echten Leichen in einer simulierten OP-Situation.

Kühlraum für 30 Leichname ist bereits fertig

Die will Schoppe in der ehemaligen Zechenhalle im Triple Z nachstellen. Dafür hat er sich diverse medizinische Gerätschaften wie Röntgen- und Ultraschallgeräte aber auch moderne OP-Tische angeschafft. Gleichzeitig wird die große Zechenhalle umgebaut. Der geflieste Kühlraum, in dem später bis zu 30 Leichname Platz finden, ist bereits fertig.

Movido lässt sich im Triple Z nieder.
Movido lässt sich im Triple Z nieder. © Socrates Tassos

Daneben wird es einen weiteren abgetrennten Raum geben, in dem die Leichen präpariert werden. „Das macht natürlich ein entsprechend ausgebildeter Präparator, den ich dafür engagiere“, erläutert Schoppe, der im Gespräch immer wieder auf die Seriosität seines Unternehmens hinweist.

Sondergenehmigungen waren erforderlich

Allein ein ganzes Jahr brauchte der 45-jährige Essener, um alle erforderlichen Genehmigungen und Unterlagen von den diversen Ämtern und der Bezirksregierung zusammenzubekommen. Darunter eine Sondergenehmigung des Ordnungsamtes zur Verlängerung der Bestattungsfrist. „Normalerweise müssen Erdbestattungen innerhalb von zehn Tagen geschehen. Doch in unserem speziellen Fall werden die Menschen bis zu drei Jahre nach ihrem Ableben beerdigt.“

Auch ein Bestattungsgewerbe musste Schoppe anmelden, damit er die Leichname mit dem eigens angeschafften Leichenwagen transportieren darf.

Ethikbeirat mit Theologen, Ärzten und Juristen besetzt

Zudem hat Ralf Schoppe einen Ethikbeirat installiert, der mit Wissenschaftlern, Medizinern, Juristen und Theologen besetzt ist. Er soll Sorge dafür tragen, dass beim Körperspendeprogramm alle ethischen, moralischen und rechtlichen Normen und Gesetze eingehalten werden. Und er stelle sicher, dass nur medizinisch-wissenschaftliches Personal an den Kursen teilnimmt. „Das ist eine freiwillige Selbstkontrolle.“

Derzeit ist Ralf Schoppe damit beschäftigt, für das Körperspendeprogramm mehr Öffentlichkeit herzustellen. Dabei kommen ihm seine vielen Kontakte zunutze, die er während seines Berufslebens mit diversen Universitäten geknüpft hat. „Oft haben die Unis mehr Anfragen für Körperspenden, als sie tatsächlich annehmen können“, weiß er. Davon könnte sein Unternehmen profitieren.

Verkauf von Leichenteilen ist nicht erlaubt

Die Beweggründe für eine Körperspende seien sehr vielschichtig, erklärt Schoppe. „Die meisten Spender haben zu Lebzeiten selbst medizinische Hilfe erhalten und wollen so der Medizin und der Gesellschaft etwas zurückgeben.“ Wer sich bereit erklärt, seinen Körper nach dem Tod an die Movido GmbH zu spenden, der füllt nicht nur einen umfangreichen Fragebogen aus. „Er sollte diese Entscheidung unbedingt mit seinen Angehörigen und Freunden besprechen.“ Denn zwischen dem Sterbefall und der Bestattung können mehrere Jahre liegen.

Gewinne werden reinvestiert

Nach eigenen Angaben ist eine Gewinnmaximierung nicht das Ziel der Movido GmbH. Überschüsse sollen reinvestiert oder in die Ärzteausbildung und Nachwuchsförderung fließen. Es gebe auch keine gewinnorientierten Prämienzahlungen an Mitarbeiter und Geschäftsführer.

Anders als für die studentischen Uni-Anatomiekurse werden die Leichen bei Movido nicht mit Formalin präpariert. Das würde das Gewebe zu sehr verhärten. Die Präparate werden entweder eingefroren oder mit Salz konserviert.

Movido steht für den lateinischen Ausspruch: Mortui vivos docent – Die Toten lehren die Lebenden.

Mehr Informationen über das Körperspendeprogramm gibt es im Internet auf der Seite www.movido.info.

Geld gibt es für die Spendenbereitschaft nicht. Das ist gesetzlich so geregelt, „der Verkauf oder Handel mit Leichenteilen ist bei uns nicht erlaubt“. Aber Movido kommt für die anonyme Urnenbestattung oder Ascheverstreuung auf.

Bisher haben 28 Menschen ihre Körper Movido gespendet. Wann allerdings der erste anatomische Weiterbildungskurs im Triple Z stattfinden kann, ist noch nicht klar. Denn das hängt – so makaber es klingen mag – davon ab, wann der erste Spender stirbt.