Essen. . Einen Fortschritt für Blinde und Sehbehinderte in Essen verkündet nun ein Selbsthilfeverein: In der Stadt soll es mehr Orientierungshilfen geben.
Die neuen Hilfen sind so unauffällig, dass die meisten Menschen sie vermutlich übersehen werden – just Blinde und Sehbehinderte aber werden sie bemerken: Die taktilen Leitlinien, die ihnen in Zukunft mehr Orientierung an den Bushaltestellen in der Stadt bieten sollen.
Eine entsprechende Vereinbarung wird am Samstag von der Stadt und der Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen e.V. (AGSBM) unterzeichnet. Zwar gebe es Norm-Vorschriften zur Barrierefreiheit, doch die regelten nicht alle Details, erklärt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Angela Ströter. „Wir sind dazu mit der Stadt seit zehn Jahren im Gespräch.“
Rillen in den Gehwegplatten weisen den Weg
Dort, namentlich beim Amt für Straßen und Verkehr erlebe man eine große Offenheit gegenüber dem Thema. „Wir werden regelmäßig gebeten, ein Testat zu erstellen, wenn zum Beispiel die Gestaltung einer Bushaltestelle ansteht.“ Die Betroffenen sind Profis, die wissen, welche Orientierungshilfen sinnvoll sind.
Weil Ortstermine und Testate aber mit viel Aufwand verbunden seien, habe man – in Zusammenarbeit mit der Blindenvereinigung Essen – feste Standards für bestimmte Verkehrssituationen wie Kreuzungen oder Haltestellen erarbeitet. Ihnen folgend kann das jeweilige Bauprojekt gestaltet werden. Meist wird mit Platten gearbeitet, die Rillen oder Noppen aufweisen. Der von Blinden verwendete weiße Langstock hat vorn eine Kugel, die solche Zeichen liest: Sie gleitet durch die Rinnen, die die Laufrichtung vorgeben. Noppen signalisieren, dass besondere Aufmerksamkeit erfordert wird: Etwa für ein Hindernis oder einen Überweg.
Mobilitätstrainer helfen beim Einüben der Strecken
Trotz solcher Hilfen übten die Betroffenen ihre Routine-Strecken erst mit einem Mobilitätstrainer ein, sagt Angela Ströter. „Sonst weiß man ja nicht, auf welche Art Hindernis die Noppen hinweisen.“ Dass die Hilfen künftig im ganzen Stadtgebiet einheitlich sein sollen, erleichtere die Orientierung und mache die Betroffenen mobiler. Essen sei, was sehbehinderte Menschen angeht, ganz gut aufgestellt, sagt Ströter. „Aber allein die Umgestaltung aller Bushaltestellen ist eine Daueraufgabe.“ Mit den Standards, auf die man sich am Samstag beim Neujahrsempfang auch offiziell festlege, könnten künftige Planungen vereinfacht werden.
Für die Arbeitsgemeinschaft, die als Dachverband auch Hör- oder Körperbehinderte vertritt, ist das Projekt ein „Erstversuch“. Bei Erfolg könnte man auch für andere Gruppen solche Standards aufstellen.