Essen. . Der Denkmalpfad auf Zollverein dehnt sich demnächst auf das Kokerei-Areal aus, das immer noch rau und kaum museal wirkt.

Das Welterbe Zeche Zollverein schlägt neue Denkmalwege ein – sie führen entlang gewaltiger Koksöfen und streifen riesige Löschtürme. Die imposante Ofenbatterie der Kokerei Zollverein war lange Zeit der verschlossenste Orte der Zechen-Anlage und ist immer noch eine spannende Adresse für Menschen, die es gerne ein wenig rau und archaisch mögen. Nun wird sie ein neuer Teil des Denkmalpfads Zollverein.

Mitte 2018 soll der erste Bauabschnitt dieses anspruchsvollen Projekts in Angriff genommen werden. Mit den Förderzusagen von RAG-Stiftung und NRW-Stiftung, die mit 300.000 Euro bzw. 220.000 Euro helfen, erhoffen sich die Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein eine Signalwirkung, die auch weitere Unterstützer für das Vorhaben begeistert.

Arbeitsabläufe bei der Koksproduktion nachvollziehen

Mit fünf bis sechs Millionen Euro wird das gesamte Projekt „Denkmalpfad Zollverein/Kokerei“ beziffert. Wenn alles gut läuft, könnte der erweiterte Denkmalpfad in etwa fünf Jahren fertiggestellt sein.

Anne Rauhut, Vorsitzende der Zollverein-Freunde, die den Förderantrag auf den Weg gebracht hat, verbindet mit der Realisierung auch eine persönliche Geschichte. Die Essener Medizinerin, die in der Umgebung von Zollverein groß geworden ist, haben die Geräusche und Gerüche der Kokerei durch die Kindheit begleitet. „Ich wollte immer wissen, was da genau passiert.“ 24 Jahre nach Stilllegung der einst modernsten Kokerei bekommt nicht nur sie Antworten, wenn die Kokerei bald virtuell wieder in Betrieb genommen wird.

An zwölf Stationen sollen die Besucher die komplexen Arbeitsabläufe bei der Koksproduktion nachvollziehen können, von der Anlieferung der Kokskohle bis zum Ablöschen des Kokses. Sie sollen eine Vorstellung davon bekommen, wie es dampft, wenn Kohlebrocken bei 1000 Grad 20 Stunden lange „gebacken“ und auf Löschwagen verladen werden. Oder wie es zischt, wenn tausende Liter Wasser auf rot glühenden Koks prasseln, um die Glut zu löschen. Gerüche, Geräusche, Farben – all dies soll auch mittels modernster Medientechnik vermittelt werden.

Altkoker erklären den Besuchern die Abläufe

„Wir wollen die vielen Facetten der Kokerei zeigen“, sagt Thorsten Seifert, Leiter des Denkmalpfads. Für ihn gehören Themen wie Architektur und Sozialgeschichte genauso dazu wie Fragen der Kokereitechnik oder des Umweltschutzes. Etwa die Hälfte der 600 Meter langen Koksofenbatterien wird dabei als Denkmalpfad nutzbar gemacht.

Schon im Sommer soll der Bau der ersten Station am „Löschturm Ost“ in Angriff genommen werden. Und weil sich vieles bei der Koksproduktion im Verborgenen abgespielt hat, wird das Innere der Öfen in einem Kubus sichtbar gemacht. Der erste von fünf dieser Baukörper ist gleichzeitig auch Eingang des neuen Denkmalpfads, wo Gäste in die Produktionsprozesse einführt werden.

Denkmalpfad Zollverein hat viele Aspekte

Der Denkmalpfad Zollverein bietet Führungen für jedes Alter und mit ganz unterschiedlichen Themen-Schwerpunkten an. Pro Jahr nehmen rund 150 000 Besucher das Angebot wahr.

Unter der Leitung von Thorsten Seifert vermitteln derzeit rund 100 Gästeführer die verschiedenen Aspekte der Welterbe-Zeche.

Die beiden Altkoker Peter Iwinski und Peter Hullermann kennen diese Abläufe aus dem Effeff, und sie wollen den Zollverein-Gästen davon erzählen. Iwinski, der über 20 Jahre als Steiger auf der so genanten „weißen Seite“ der Kokerei gearbeitet hat, wo das bei der Koksherstellung entstandene Gas abgesaugt und herausgefilterte Nebenprodukte wie Teer und Ammoniak weiter verarbeitet wurden, hat bereits kleinere Besuchergruppen über das Gelände führt.

Er weiß von der Faszination des Ortes, für den auch Peter Hullermann Feuer und Flamme ist. 1984 hat er als Koksmeister auf der schwarzen Seite angefangen und hat inzwischen auch am Besucherhandbuch mitgeschrieben. „Über Zechen gibt es viel Literatur, über Kokereien werden Sie wenig finden.“ Diese Lücke zu füllen, dabei soll der Denkmalpfad helfen.