Essen. . Gewaltbereite Patienten und Angehörige behindern die Notfallversorgung. Ärzte werden geschult, Sicherheitsdienste schützen das Personal.

Sie sind im Einsatz, um Leben zu retten. Doch dabei werden Ärzte, Pfleger und Rettungssanitäter zunehmend gestört. Aggressive Patienten und gewaltbereite Angehörige machen ihnen das Leben schwer. Vor allem in den Notfallambulanzen werden Mitarbeiter bedroht, beleidigt oder angegriffen. Deshalb setzen sich die Krankenhäuser nun zur Wehr und beugen vor: Sie beschäftigen Sicherheitsdienste zum Schutz ihres Personals und bieten Schulungen an, damit sich die Ärzte und Pfleger richtig verhalten, wenn es brenzlig wird.

Vor einigen Tagen in der Notaufnahme des St.-Josef-Krankenhauses in Werden: Ein Junkie randaliert. Er reißt ein Waschbecken von der Wand und verwüstet den Schockraum. Erst die Polizei kann ihn bremsen. Sie führt ihn ab. „Das war ein besonders schwerer Fall. Aber er zeigt, dass auch wir Zwischenfälle mit gewaltbereiten Patienten erleben“, sagt Sprecherin Kathinka Siebke.

Mehr Patienten ziehen die Notaufnahme einer Praxis vor

In den großen Krankenhäusern ist das Problem nicht neu, aber es ist inzwischen so dauerhaft präsent, dass die Einrichtungen in den Schutz ihrer Mitarbeiter investieren. Das beobachtet auch die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Ihr Sprecher Lothar Kratz kennt die Gründe für die zunehmenden Übergriffe: „Die Notaufnahmen sind überlaufen, und bei Wartezeiten wird der Stress größer.“ Dazu kämen Menschen mit Migrationshintergrund, denen das ärztliche Versorgungssystem hier nicht geläufig sei. „Sie kennen nur das Krankenhaus. Manchmal bestehen sie darauf, dass Frauen von Frauen und Männer von Männern behandelt werden.“

Aber es sei auch grundsätzlich so, dass mehr Patienten direkt in die Notaufnahme eines Krankenhauses gingen, statt sich zunächst in einer Praxis vorzustellen. „Wenn dann ein Patient mit einer nicht so schweren Verletzung länger warten muss und beobachtet, dass andere schneller behandelt werden, kann es eskalieren“, sagt Kratz.

„Der Ton ist schärfer geworden“

Wie häufig es zu Zwischenfällen kommt, das hänge auch damit zusammen, in welcher Umgebung ein Krankenhaus angesiedelt ist. Beim Katholischen Klinikum im Essener Norden hat Gisela Graßhoff vom Gesundheitsmanagement schon vor Monaten gesagt: „Es ist eine deutliche Verrohung zu sehen.“ Sie hatte über einen längeren Zeitraum Ereignisse im Philippusstift in Borbeck, im Marienhospital in Altenessen und im St. Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg ausgewertet. Entsprechend früh hat die Krankenhausleitung reagiert und dafür gesorgt, dass die Mitarbeiter für den Umgang mit renitenten Patienten und deren Angehörigen geschult werden.

„Gerade läuft wieder so ein Deeskalationstraining bei uns“, sagt Pressesprecher Stefan Mattes. Unterstützung gibt es von den hauseigenen Psychologen. „Die Resonanz auf dieses Angebot ist gut.“ Auch mit Umbaumaßnahmen will sich das Krankenhaus vor Übergriffen in der Notaufnahme schützen. „Wir haben Türen und Schleusen installiert“, sagt Mattes.

Die Contilia-Gruppe, zu der unter anderem das Elisabeth-Krankenhaus gehört, hat das Thema Gewalt gegen Ärzte und Pflegepersonal ebenfalls auf dem Schirm. Hier werden Trainings angeboten und Sicherheitsleute beschäftigt, die ein Zeichen setzen und im Notfall eingreifen können, sagt Sprecherin Dorothee Renzel. Mitarbeiter würden vor allem verbal attackiert. „Der Ton ist schärfer und rauer geworden.“