Essen. . Die Verhandlungen über den Pachtvertrag bringen GVE und RWE vor Gericht. Es geht um Markenrechte und um drohende Zahlungen in Millionenhöhe.

Der Ton war schon einmal rauer zwischen Rot-Weiss Essen und der städtischen Grundstücksverwaltung GVE. Es ist noch nicht lange her, da schäumte deren Chef, Dirk Miklikowski, vor Wut, weil der Traditionsverein seinen Fans Freibier in Aussicht stellte für den Fall, dass Mezut Özil noch einmal den Club wechseln sollte. Weil der Nationalspieler als Jugendlicher an der Hafenstraße kickte, würde RWE von einem Millionen schweren Transfer finanziell profitieren. Und als Betreiber des „Stadion Essen“ hätte die GVE eben davon gerne ein paar Scheine ab – ohne dass vorher die Summe schon reduziert wurde, und sei es nur durch ein paar Hektoliter Freibier.

Nun, Gerstensaft ist bis heute nicht geflossen, und die Gemüter haben sich auf beiden Seiten wieder beruhigt. Eine gemeinsame Erklärung zu den Verhandlungen über einen neuen Pachtvertrag liest sich gar voll warmer Worte. Dabei klingt das Zwischenergebnis zumindest aus Sicht der GVE ernüchternd: Handelseinig geworden sind sich die Gesprächspartner bislang nicht. Es geht ums Geld, um eine Stadionpacht von 175.000 Euro pro Jahr, und es geht um Altlasten, von denen es hieß, die habe RWE mit der Insolvenz von 2010 längst begraben.

Wer besitzt die Markenrechte?

Einig sind sich beide Seiten darin: Die Sache ist kompliziert. So kompliziert, dass die GVE auf eine rechtliche Klärung drängt. Die städtische Tochtergesellschaft hat Rot-Weiss Essen deshalb vor dem Landgericht Essen verklagt, was der Stimmung offenbar keinen Abbruch tut.

Laut Miklikowski geht es um die Frage, wer von beiden die so genannten nicht-audivisuellen Markenrechte inne hat, wem also die Einnahmen aus dem Verkauf von rot-weißen Trikots, Schals und Quitscheentchen zustehen? Und wer am Namen RWE verdienen darf, der Verein oder der Grundstücksverwaltung Essen (GVE)?

Zur Erinnerung: Die GVE hatte Rot-Weiss Essen 2009 auf Geheiß der Stadt praktisch von dem Sportrechtehändler Michael Kölmel freigekauft. In dessen finanzielle Abhängigkeit hatte der Verein sich zehn Jahre zuvor hinein manövriert; mit 11,6 Millionen Euro stand der Verein in der Kreide.

Um das Darlehen abzulösen, soll die GVE Millionen Euro gezahlt haben. Außerdem erwarb die Stadttochter von Kölmel besagte Markenrechte. Im Rathaus träumten sie seinerzeit unter der Ägide des damaligen Oberbürgermeisters Wolfgang Reiniger vom neuen Stadion an der Hafenstraße und davon, dass RWE an alte Glanzzeiten anknüpfen könnte.

RWE schlitterte in die Insolvenz und die Millionen waren futsch

Als sich in der Kasse des Traditionsvereins aber weitere Löcher auftaten, drehte Reinigers Nachfolger, Reinhard Paß, den Geldhahn zu. Der frisch gewählte OB war nicht gewillt, gutes Geld dem schlechten hinterherzuwerfen. Bis heute fragt sich mancher, ob das wirklich eine gute Idee war. Denn RWE schlitterte in die Insolvenz, und die schönen Millionen, welche die Stadttochter GVE gerade erst in den Verein gesteckt hatte, waren mit einem Mal futsch.

Und die Markenrechte? Fielen nach Lesart von RWE-Chef Michael Welling mit der Insolvenz an den Verein zurück. Bei der GVE sehen sie genau das anders.

Geschäftsführer Dirk Miklikowski weiß, dass die Markenrechte nur so lange etwas wert sind, wie Rot-Weiss Essen auf der fußballerischen Landkarte vertreten ist. „Wir haben kein Interesse daran, dass der Verein wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät“, betont Miklikowski, was der Fall sein könnte, sollten die Einnahmen aus der Vermarktung von Namensrechten und Merchandising-Produkten wegbrechen. Außerdem ist der GVE sehr daran gelegen, dass die Rot-Weissen weiterhin im Stadion Essen spielen. Stände die schmucke Arena andernfalls doch überwiegend leer.

GVE erwartet nur 35.000 Euro Stadionpacht

Die eigene Verhandlungsposition könnte ein Richterspruch im Sinne der GVE gegenüber RWE allerdings stärken. Denn der Rat der Stadt drängt auf Nachbesserungen beim Pachtvertrag. Vereinbart worden war eine umsatzabhängige Pacht. Die fällt geringer aus, seit RWE mit Innogy ein Großsponsor von der Fahne gegangen ist. Miklikowski erwartet für die laufende Spielzeit gerade mal 35 000 Euro. Das ist weit entfernt von den 175 000 Euro, welche der Stadionbetreiber gerne sähe.

Aber wie gesagt, es geht nicht nur um die Höhe der Pacht. Für die GVE geht es laut Miklikowski auch ums wirtschaftliche Risiko. Dieses bestehe für die städtische Tochter darin, dass Kölmel vertraglich weitere Zahlungen zustehen, sollten die Rot-Weissen tatsächlich eines Tages aufsteigen und sich in der höheren Spielklasse halten. 100 000 Euro pro Jahr wären dann fällig und das 28 Jahre lang. Kein Wunder, dass Miklikowski die Kölmel-Verträge „eine Katastrophe“ nennt.

Die GVE würde das wirtschaftliche Risiko wohl gerne auf den Verein abwälzen. Dort fürchten sie, dass im Fall der Fälle auch andere ehemalige Gläubiger auf der Matte stehen könnten. RWE-Vorstand Michael Welling sieht die Verhandlungen gleichwohl „auf einem guten Weg“, trotz des anstehenden Rechtsstreits vor Gericht. Am Ende wird wohl alles davon abhängen, in wie weit sich beide Seiten auf einen finanziellen Ausgleich einigen können. Die Alternative wäre ein womöglich jahrelanger Gang durch die Instanzen. Keine schöne Perspektive.