Essen. . Muchtar Al Ghusain wird Nachfolger von Andreas Bomheuer als Essener Kulturdezernent. Sein Großressort mit Bildung und Jugend schreckt ihn nicht.
Bei der Vorstellungsrunde am vergangenen Freitag hat Muchtar Al Ghusain schon einmal Lokalpatriotismus bewiesen und dem Tusem die Daumen gedrückt, obwohl Essens Handballer gegen Zweitliga-Konkurrenz aus seiner unterfränkischen Heimat anzutreten hatten. Der Tusem hat am Ende mit 23 zu 21 gegen die Rimpar Wölfe gewonnen. Gestern nun ging der Punktsieg an den Würzburger Kulturpolitiker, der mit deutlicher Mehrheit von SPD, CDU, FDP und Grünen zum Nachfolger des scheidenden Kulturdezernent Andreas Bomheuer gewählt wurde.
Im Gespräch mit dieser Zeitung zeigte sich der SPD-Politiker im Anschluss an die Wahl hoch motiviert, sein neues Amt in einer „dynamischen Region“ wie dem Ruhrgebiet mit „einem tollen Kulturangebot, aber auch mit großen Herausforderungen“ anzutreten, weil er „mitgestalten wolle“.
Unterwegs auf dem Radschnellweg
Das Revier ist dem Kulturexperten, der 1963 in Kuwait geboren wurde, 1970 nach Deutschland kam, in Würzburg Klavier und in Hamburg Kulturmanagement studierte, dabei nicht unbekannt. Schon in den 1990ern habe er das heutige Welterbe Zollverein besucht. Die Kulturhauptstadt Ruhr.2010 hat ihn nach Essen gelockt wie die Eröffnung des neuen Folkwang Museums. Und als er im vergangenen Sommer mit seiner Frau und den 15 und 17 Jahre alten Töchtern den Radschnellweg Ruhr von Duisburg nach Dortmund entlang geradelt ist, inklusive Natur und Kultur am Wegesrand „war das die letzte Gelegenheit, Vorurteile gegen die Region abzuwerfen, wenn ich sie denn je gehabt hätte“.
Zu diesem Zeitpunkt wusste der 54-Jährige allerdings noch gar nicht, dass ihn die SPD für das Dezernenten-Amt vorschlagen würde, neben dem ehemaligen Dresdener Kulturbürgermeister Ralf Lunau und dem Leipziger Kulturdezernenten a.D. Michael Faber, die allerdings schon der Papierform nach eher als Zählkandidaten ins Rennen gingen.
Raskob macht Sport
Umwelt- und Bau-Dezernentin Simone Raskob bekommt zugeteilt, was keiner in der Dezernentenriege haben wollte: den Sport. Ab 2018 ist sie auch für die Sport- und Bäderbetriebe zuständig.
Gleichzeitig endet für Dieter Schmitz die von Beginn an für die Dauer des Grüne Hauptstadt-Jahres beschränkte Zeit als ihr Co-Dezernent. Schmitz ist künftig im Bauordnungsamt tätig.
Dass Al Ghusains Ressort neben der Kultur künftig auch Jugend und Bildung umfassen wird, hatte im Vorfeld für einige Kritik gesorgt: Das Ressort sei zu groß und zu bedeutend, um nur eines von vielen zu sein. Der neue Dezernent kennt diese Vorbehalte schon aus Würzburg, wo er für Schule, Sport und Kultur zuständig war, hält die Kupplung allerdings durchaus für sinnvoll, „weil es mich noch einmal ganz anders mit der Stadtgesellschaft vernetzt“. Mit Blick auf das Thema kulturelle Bildung sei die Verbindung „geradezu idealtypisch“ und könnte noch einmal neue Chancen eröffnen. Die Aufstellung eines Schulentwicklungsplans zählt für Al Ghusain generell zu den Eckpunkten seiner elfjährigen Würzburger Amtszeit.
Der passionierte Pianist sieht sich zudem „nicht nur als Musikmensch“. Erinnerungskultur, Kinokultur und bildende Kunst seien ihm ebenso nah, Erfahrungen mit Kreativquartieren bringt Al Ghusain mit und will damit auch beim Kreativquartier Nord anknüpfen. Die erste Zeit will der 54-Jährige aber vor allem zum Kennenlernen und Kontakte knüpfen nutzen: „Ich komme nicht mit einem fertigen Paket.“