Essen. . Es begann in einer Studenten-WG: Das Startup Soccerwatch.tv bringt unterklassigen Fußball auf den Bildschirm – und setzt voll auf Wachstum

Steve Jobs schraubte seinen ersten Computer bekanntlich in einer Garage zusammen. Die folgende Gründer-Story nahm in einer Studenten-WG an der Rüttenscheider Straße ihren Anfang. Aber eigentlich begann alles mit einem verpassten Fußballspiel, erzählt Georg Moser.

Sein Kumpel Thomas Harmes konnte mal wieder nicht dabei sein, als seine Söhne beim TSV Meerbusch vor den Ball traten. Warum stellt denn nicht einer mal eine Kamera auf, fragten sich die beiden Freunde. „Wir haben dann zwei Löcher in eine Kiste gesägt und aus Baumarktmaterial selbst eine Kamera gebaut.“ Die Kiste hängten sie an einen Flutlichtmast, die laufenden Bilder stellten sie per livestream bei Youtube ins Internet. Und waren total überrascht, als nicht nur Freunde und Bekannte zuschauten, sondern Hunderte User. Es sollte die Geburtsstunde von „Soccerwatch.tv“ sein.

Von Rüttenscheid an die Hafenstraße

Der Rüttenscheider Studenten-WG ist das Startup mittlerweile entwachsen. Vor einigen Wochen ist die junge Firma an die Hafenstraße in Bergeborbeck gezogen, in ein Gewerbegebiet in Sichtweite des Stadions. Gibt es eine bessere Adresse für ein aufstrebendes Unternehmen, in dem sich alles um Fußball dreht? „Dass wir ausgerechnet hier passende Räume gefunden haben, war totaler Zufall“, erzählt Georg Moser, inzwischen einer von drei Geschäftsführern. „Aber vielleicht ist es auch Schicksal.“

Ihr Schicksal nahmen die Existenzgründer bislang selbst in die Hand. Einer ihrer Profs an der Uni-Duisburg-Essen vermittelte ein Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Geschäftsmodell haben sie verfeinert, die Kameratechnik überarbeitet. Nicht mehr Baumarktmaterial liefert nun Live-Bilder, sondern ein Modell, das sie selbst entwickelt haben und an der Hafenstraße in Serie produzieren. Äußerlich erinnert es an eine Stehlampe. Hinter dem massiven Gehäuse verbergen sich gleich sechs Kameraaugen. Von 50 Plätzen der Amateurligen in der Region liefern sie Spielszenen in Echtzeit und das ganz ohne Regie und Kabelträger. Per Algorithmus verfolgen die Kameras das Geschehen auf dem Platz. So sitzen Zuschauer am PC, Tablet oder Handy in der ersten Reihe, wenn zum Beispiel der SC Preußen aufläuft, der FC Kray oder die Spielvereinigung Schonnebeck.

1000 Anfragen von Vereinen aus ganz Deutschland

„Wir haben inzwischen fast 1000 Anfragen von Vereinen aus ganz Deutschland, von der Kreisliga bis zur Regionalliga“, berichtet Georg Moser. Das Potenzial scheint unerschöpflich angesichts von 25 000 Clubs, 160 000 Mannschaften und 1,8 Millionen Spielen pro Saison – und ungezählten potenziellen Werbekunden vom Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern.

Die Technik stellt Soccerwatch den Vereinen nahezu kostenlos zur Verfügung, die Werbeeinnahmen werden geteilt. Der Software-Entwickler Adesso fand das so überzeugend, dass er als Kapitalgeber eingestiegen ist, das Mobilfunkunternehmen Vodafone sorgt für die Datenübertragung. Dass die Livebilder auf Soccerwatch.tv nicht so professionell daherkommen, wie Fußballfans es von den großen Sendeanstalten gewöhnt sind, passt zum Amateurfußball, den die Essener frei Haus übertragen. Technisch sei aber viel mehr möglich, sagt Moser. 25 Mitarbeiter tüfteln darüber, darunter Mathematiker und Software-Spezialisten. ARD und ZDF könnte es langsam Angst und Bange werden.