Essen. . Wenn 2018 das Ende des Bergbaus besiegelt wird, beteiligt sich das Aalto mit einer Oper: „Hans Heiling“. Bergmannskluft hat die RAG gestellt.
Wer im Opernchor des Aalto-Theaters singt, der hat schon viele Kostüme getragen. Vornehme Fräcke und schneidige Uniformen genauso wie Jeans und seidigen Schlafrock. In Bergmannskluft aber hat man den Aalto-Chor bislang noch nie erlebt. Das wird sich in dieser Spielzeit mit der Aufführung von Heinrich Marschners romantischer Oper „Hans Heiling“ ändern. Das 1833 entstandene Stück spielt zwischen dem Reich der Erdgeister Untertage und der oberen Welt der Menschen und Mythen. In der Essener Inszenierung soll daraus auch eine echte Bergwerksoper werden. Mit blau-weiß gestreiftem Grubenhemd, Bergmannshelm und Steigerhose.
Jedes Kostüm hat schon manche Untertage-Schicht hinter sich
Statt im eigenen Fundus hat man sich für die Einkleidung des Chores bei der Ruhrkohle umgeschaut. Dutzende von Hosen, Hemden und Helmen hat die RAG für die Inszenierung zur Verfügung gestellt, die auch im Mittelpunkt der nächsten TuP-Festtage steht. Denn wenn 2018 mit der Schließung der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop die Bergbau-Ära im Ruhrgebiet endgültig zu Ende geht, dann will auch das Essener Musiktheater mit einem eigenen Programm über Kunst und Heimat reflektieren.
In der Aalto-Kostümabteilung, wo Tausende von Kleidungsstücken pro Spielzeit gefertigt werden, freut sich Kostümdirektor Ulrich Lott über die außergewöhnliche Kostümspende. Damit werden nicht nur etliche Arbeitsstunden gespart, sondern auch viel Lokalkolorit befördert. Authentischer geht es in diesem Fall wirklich nicht: Sämtliche Hemden und Arbeitshosen haben schon so manche Untertage-Schicht hinter sich.
TuP-Festtage widmen sich dem Ende der Bergbau-Ära
Die Oper „Hans Heiling“ hat im Rahmen der TuP-Festtage Kunst⁵ am 24. Februar 2018 Premiere. Das diesjährige Festival widmet sich dem Thema „HeimArt“ und stellt das Ende der Bergbau-Ära musikalisch und thematisch in den Mittelpunkt.
Mitglieder des Aalto-Theaters bitten beispielsweise zum Frühschoppen mit Bergmanns- und Ruhrpottliedern. Und Marie-Helen Joel als „Fräulein Vorlaut“ konzentriert ihr Programm natürlich auf Zollverein – „die schönste Zeche der Welt“.
Chorsänger Mateusz Kabala ist nach der ersten Anprobe angetan vom Second-Hand-Zechen-Look, auch wenn ein Auftritt mit Bergmannshelm ähnlich schweißtreibend ausfallen dürfte wie eine Untertage-Schicht. Der Bariton, der aus Danzig stammt und seit 2008 zum Chor des Musiktheaters gehört, hat in Essen als zentrale Kultur- und ehemalige Bergbaustadt längst eine neue Heimat gefunden. Das Datum seines ersten Zollverein-Besuchs hat er dabei noch heute im Kopf. Das war wenige Tage nach seiner Ankunft in Essen. Heute ist Kabala, der schon viel von der großen Konzerthaus-Welt gesehen hat, ein echter Fan des Ruhrgebiets – mit seinem vielen Grün wie mit den Wahrzeichen des Strukturwandels.
„Hans Heiling“ könnte damit eine musikalische Brücke von der Kohlevergangenheit zur Kunstzukunft bilden. Auch wenn Marschners romantisches Werk doch mehr Zauber- als Kumpeloper ist. „Die Bergbau-Thematik ist der Filter, der über die Handlung gelegt wird“, erklärt Dramaturg Christian Schröder, „aber die Magie des Werkes soll natürlich erhalten bleiben.“ In Essen jedenfalls, wo die Marschner-Oper noch nie zu sehen war, will man aus diesem Schlüsselwerk deutscher Kulturgeschichte auch ein Werk mit Identitätsstempel machen, einen „Essener Hans Heiling“. „Das Publikum hier wird bei dem Thema sicher anders einsteigen als beispielsweise in Hamburg“, glaubt Schröder. Nur das „Glückauf“ wird der Kumpel-Chor diesmal nicht singen.