Essen. . Mit ihrer unverstellten Art ist Henriette Hölzel gut angekommen im Ensemble des Schauspiels. Dennoch vermisst sie ihre sächsische Heimat.

Zwei Seelen wohnen in ihrer Brust: Henriette Hölzel hat 14 Jahre ehrgeizig Leistungssport gemacht und um Haaresbreite wäre Handball zur beruflichen Option geworden. Doch der Drang zum Theater war größer - und tiefer verwurzelt. Ihr früh verstorbener Großvater Peter Hölzel war Schauspieler am Staatsschauspiel Dresden. Nun tritt sie in Essen mit ihrem ersten Festengagement sein Erbe an. Nach dem gelungenen Debüt in „Unter Wasser“ ist sie ab Dezember in „Willkommen“ zu sehen.

Behütet wuchs sie im idyllischen Radebeul auf. Mit den Eltern ging sie oft ins Theater, spielte im Schultheater wie im Jugendclub der Landesbühnen Sachsen, sang im Schulchor, bis sie sich für das Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig entschied. „Es gab kein Erweckungserlebnis. Die Beschäftigung mit meinem Opa gab den Ausschlag. Von Kollegen habe ich gehört, dass er wahnsinnig lustig war, aber tiefgründig spielte. Ich hätte ihn gern kennengelernt. Er hat den Geist des Theaters in die Familie getragen“, sprudelt es aus ihr heraus. „Es fühlt sich so an, als ob ich seinen Weg weiterführe.“ Überrascht hat es keinen in der Familie.

Selbstvertrauen und Spielfreude

Während der praktischen Zeit des Studiums am Schauspielstudio in Dresden konnte sie bereits einen Erfolg erleben. In „Gott wartet an der Haltestelle“ verkörperte sie eine Palästinenserin und Selbstmordattentäterin. „Es war schon aufgrund der Thematik ein besonderes Stück. Ich habe aus der interaktiven Arbeit mit dem Publikum viel Selbstvertrauen und Spielfreude gezogen“, erzählt sie. So viel, dass sie sich nach einem Intendantenvorsprechen einen Umzug nach Essen vorstellen konnte.

Masterarbeit handelt vom Frauenbild auf der Bühne

550 Kilometer westlich ist Henriette Hölzel angekommen. Die ernüchternde Ankunft ist vergessen. „Man ist von Radebeul schon verwöhnt. Aber ich mag die Stimmung hier. Die Herzlichkeit im Pott ist mir extrem aufgefallen. Man ist ganz direkt und unverstellt“, bemerkt die 23-Jährige. Das trifft ihr eigenes Naturell auf den Punkt. Kein Wunder, dass sie „am Theater gut aufgenommen wurde“.

Erst mal will sie viel spielen und herausgefordert werden. „Ich will gucken, was möglich ist, wie es ist, hier Theater zu machen, will mutig sein, mich auszuprobieren“, erklärt die Schauspielerin, die sich auf Akrobatik, Fechten, Reiten, Kampfszenenchoreographie ebenso versteht wie auf Musik (Klavier, Akkordeon) und Tanz. Romeos Julia würde sie gerne spielen, „weil die total unterschätzt wird“, meint eine, die ihre Masterarbeit über das Frauenbild auf der Bühne schrieb. Politisch zu denken, ist ihr wichtig.

Wenn sie nicht gerade in ihrer Rüttenscheider Wohnung eine von tausend möglichen Rollen lernt (derzeit die der Anna aus „Willkommen“ und damit Komödie), flammt die Sehnsucht nach der Heimat auf. Sie ist ein Familienmensch durch und durch. Sie vermisst ihre Lieben, ihren Freund, die Freunde und besucht sie, so oft es geht. „Man arrangiert sich“, sagt sie trotz aller Begeisterung, „sonst kommt man nicht weiter.“

Premiere mit „Willkommen“

Hernriette Hölzel hat mit dem Jugenddrama „Unter Wasser“ ihr Debüt am Schauspiel Essen gegeben. Als Außenseiterin Sedna ist sie u. a. am 11. Januar, 19 Uhr, wieder in der Box zu sehen.

Als Studentin Anna feiert sie am 1. Dezember in der Komödie „Willkommen“ im Grillo-Theater Premiere. Mehr Termine: 7./23. Dezember. Karten: 8122 200/www.schauspiel-essen.de