Essen. . Die Stadt sucht händeringend Flächen für den Wohnungsbau. Von den dafür ausgeguckten Grundstücken, ist mehr als ein Drittel nicht geeignet.
- Bis zum Jahr 2030 werden 16 529 Wohnungen benötigt, für bis zu 8800 Wohnungen fehlen Grundstücke
- Leerstandsquote ist auf 2,2 Prozent gesunken. Ende 2016 standen nur 6900 Wohnungen leer
- Stadt hatte 41 Flächen für Wohnungsbau ausgeguckt, nur 30 Prozent stehen kurzfristig zur Verfügung
Der Bericht des Instituts für Wohnungswesen (Inwis) zur Nachfrageentwicklung auf dem Essener Wohnungsmarkt ist schwere Kost. Ronald Graf fühlt sich dennoch animiert, die Präsentation mit einem Witz einzuleiten, wenn er heute als Leiter des Stadtplanungsamtes den Mitgliedern des zuständigen Ratsauschusses die wichtigsten Ergebnisse vorstellen wird. Der Witz geht so: Ein Mann bestellt am Kiosk ein Brötchen mit Frikadelle. Antwortet die Verkäuferin: Brötchen ist schon drin.
Soll heißen: Seine Mitarbeiter können Baulücken erfassen, freie Grundstücke berücksichtigen und nach neuen suchen; sie können sich drehen und wenden, wie sie wollen – am Ende wird es nicht reichen, um den Bedarf an neuen Wohnungen zu decken.
Stadt erwartet, dass die Einwohnerzahl weiter wächst
Unterm Strich stehen folgende Zahlen: Bis zum Jahr 2030 werden 16 529 neue Wohnungen benötigt. Und: Es fehlt an Baugrundstücken für bis zu 8800 Wohnungen. „Man kann es mit der Bundeskanzlerin alternativlos nennen“, sagt Ronald Graf. „Aber wir werden nicht umhinkommen, auch in die Fläche zu gehen. Es sei denn, wir rücken alle enger zusammen und nehmen in Kauf, dass die Preise für Wohnraum steigen.“
Der Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass die Bevölkerungszahl weiter wachsen wird. Bereits seit 2011 hat Essen wider Erwarten Neubürger hinzugewonnen insbesondere durch die Zuwanderung aus Süd- und Südosteuropa und seit 2015 durch den Zuzug von Flüchtlingen.
Die Folge: Es gibt weniger freie Wohnungen. Deren Zahl ist mit Stand Ende 2016 auf 6900 gesunken, die Leerstandsquote liegt bei nur noch 2,2 Prozent. Der Wohnungsbestand von insgesamt rund 313 000 ist damit nahezu ausgereizt.
Bis 2030 verliert Essen fast jede dritte Sozialwohnung
Knapp werden vor allem Sozialwohnungen, was daran liegt, dass jedes Jahr tausende aufgrund ihres Alters aus der Mietbindung fallen. Ende 2016 zählte Essen noch rund 20 000 Wohnungen, die dank öffentlicher Förderung errichtet worden waren, ein Viertel davon übrigens in Steele und Kray. Bis 2030 verliert Essen fast ein Drittel seiner Sozialwohnungen, da die Fristen zur Mietpreisbindung ablaufen.
Neue Wohnungen müssen also her. In diesem Wissen hatte die Planungsverwaltung 2015 bereits 41 Flächen ausgeguckt, die potenziell als Bauland dienen könnten. Die Bestandsaufnahme fällt inzwischen ernüchternd aus: 18 Flächen mit einer Gesamtgröße von 25 Hektar stehen aus diversen Gründen absehbar für eine Bebauung nicht zur Verfügung. Sei es, weil Eigentümer nicht verkaufen wollen, die Grundstücke verpachtet sind zum Beispiel an Kleingartenvereine, oder weil eine Erschließung äußerst aufwendig wäre. Elf weitere Flächen, so heißt es humorlos von Seiten der Verwaltung, ließen sich zumindest kurzfristig nicht als Bauland entwickeln.