Essen. . Festliche Einweihung der neuen Folkwang Universität auf dem Welterbe Zollverein: Im „Quartier Nord“ studieren künftig rund 600 junge Gestalter.
- Folkwang Universität der Künste eröffnet „Quartier Nord“ für rund 600 Studenten
- Ort soll für internationale Ausstrahlung sorgen, aber auch in den Stadtteil hinein wirken
- Gebäude soll auch Anschub sein für die Entwicklung einer wachsenden „Designstadt“
Wo schon eine Kathedrale der Arbeit steht, da darf eine Schmiede des gestalterischen Denkens eigentlich nicht fehlen. In Sichtweite zum Doppelbock-Fördergerüst steht sie nun da, die neue Folkwang Universität der Künste auf Zollverein, kurz „Quartier Nord“. Rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft nahmen sie gestern als erste in Augenschein. Am Wochenende haben nun auch alle Essener die Gelegenheit, das neue Hochschulgebäude zu entdecken.
Die schmetternde Fanfare der Folkwang-Blechbläser gab gestern morgen das Startsignal. Das Welterbe Zollverein ist um eine Attraktion reicher. „Wo früher malocht wurde, sind jetzt junge Kreative versammelt, um Neues zu entwickeln“, freut sich Folkwang-Rektor Andreas Jacob. Bis zu 600 Studenten werden hier ab sofort Fotografie, Industrial- und Kommunikationsdesign studieren, während die Folkwang-Mimen, die Musiker und Tänzer am Standort in Werden bleiben und damit für einen einzigartigen Folkwang-Brückenschlag quer durch die Stadt sorgen.
Dass der Essener Norden mit dieser Neuansiedlung ein neues Wahrzeichen für Zukunft und Bildung bekommt, ist für viele ein starkes Signal. Eines, das unmittelbar in die Nachbarschaft wirken soll, aber auch zur „internationalen Sichtbarkeit“ des Standortes und der Hochschule beitragen wird, ist sich Jacob sicher. Für die zweitgrößte Kunsthochschule im Lande und die älteste Hochschule im Ruhrgebiet ist der Neubau ein Quantensprung. Nach jahrelangen Provisorien als „Untermieter“ der Universität Essen/Duisburg bietet das neue Gebäude nun jede Menge Platz, um „Ideen und Zukunft zu gestalten“, sagt Studenten-Vertreterin Julia Barnel. Über sagenhaft luftige 19 000 Quadratmeter Fläche verteilen sich Werkstätten, Vorlesungsräume, Ateliers und Labore. 40 Millionen Euro hat das Land für die Ersteinrichtung und Anmietung des Gebäudes beigesteuert, das die Folkwang Universität zunächst für 20 Jahre von der Welterbe Entwicklungsgesellschaft angemietet hat.
Nicht nur die vielen, speziell auf die Studenten-Bedürfnisse zugeschnitten Räume machen das Gebäude zu einem Leuchtturm in der Hochschullandschaft. Auch architektonisch setzt die neue Folkwang-Uni ein Zeichen. Die Zeche Zollverein mit ihrer sachlichen, am Bauhaus orientieren Architektur von Fritz Schupp und Martin Kremmer „war für uns schon immer Design“, sagt MGF-Architekt Armin Günster. Mit dem neuen Gebäude habe man den berühmten Bauherren die Referenz erwiesen. Allerdings nicht mehr in Ziegelstein, sondern mit silbrig glänzenden Stahlblech, das, unterteilt in vier Kuben und mit über 1000 Fenstern unterschiedlichsten Formats, trotz seiner massiven Größe Offenheit und Leichtigkeit ausstrahlt .
Isabel Pfeiffer-Poensgen, neue Kultur- und Wirtschaftsministerin in NRW, sieht die Folkwang-Uni damit als optimalen Arbeits- und Ausbildungsort, aber auch als einen „Ort der Begegnung“ gerüstet. Pfeiffer-Poensgen, die 2005 zur Jury gehörte, die Essen und das Ruhrgebiet auf den Kulturhauptstadt-Schild hob, erinnerte dabei an ein Zitat des Autors und damaligen Mit-Juroren Adolf Muschg, der seine Kulturhauptstadt-Empfehlung so formulierte: „Hier wird nicht Kohlestaub eingeatmet, sondern Zukunft.“
Ein Baustein der „Designstadt“
Und die Zukunft hat mit der Eröffnung der Folkwang-Uni erst begonnen – als erster Baustein des Projekts „Designstadt“, das für den erhofften Nutzungsmix aus Hotel, Designgewerbe, Hochschule und Wohnen sorgen soll. „Nun gehe es darum, neue Ideen und Gewerbetreibende aufs Welterbe zu bringen“, sagt auch Markus Masuth von der RAG Montan Immobilien. Die erhofften Neuansiedlungen dürfen schließlich auch den Studenten zugute kommen. „Die können nach dem Studium gleich hierbleiben“, wünscht sich Hermann Marth von der Stiftung Zollverein.
Viele Studenten freuen sich zunächst einmal über die neuen Möglichkeiten der Kommunikation und des interdisziplinären Arbeitens. „Wir haben jahrelang nicht investiert in Erwartung des Umzugs“, sagt Dekanin Marion Digel. Nun würden die Studenten nicht nur beste technischen Ausstattung vorfinden. Auch inhaltlich will man sich neu ausrichten, sollen künftig renommierte Referenten eingeladen werden und internationale Symposien stattfinden. Aber auch Kooperationen mit der Umgebung sind geplant. Die Bürger des Stadtteils würden schon „für die gewisse Erdung sorgen“, ist sich Oberbürgermeister Thomas Kufen sicher.