Essen.. Rund 15.000 genehmigte Baustellen wären ein Spitzenwert: Eine Entspannung ist laut der Bauverwaltung nicht in Sicht. Zum Ärger der Autofahrer.

An den Auffahrten zur A 40 wurden die rot-weiß gestreiften Baken in den frühen Montag-Morgenstunden abgeräumt. An vielen anderen Straßen im Essener Stadtgebiet müssen sich Autofahrer weiter an Absperrungen und provisorischen Ampeln vorbei schlängeln.

So mancher dürfte längst den Eindruck gewonnen haben: So schlimm war’s noch nie. Und tatsächlich: Mit rund 15 000 Baustellen steuert Essen in diesem Jahr auf einen neuen Spitzenwert zu. Allein an 60 Hauptverkehrsstraßen wird derzeit gebaggert und gebuddelt, teilweise bis tief ins kommende Jahr hinein.

Auch das ist Rekord, heißt es im Amt für Straßen und Verkehr, wo sie wenig Hoffnung machen, dass sich der tägliche Stau alsbald auflösen könnte.

Ursachen für drohenden Verkehrsinfarkt vielfältig

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Die Ursachen für den drohenden Verkehrsinfarkt sind vielfältig. Auch in dieser Stadt wurde viel zu lange viel zu wenig getan, um die Infrastruktur in Ordnung zu halten. Das gilt für die Straßen, aber auch für Kanäle und Versorgungsleitungen.

Der Unterschied zu den Vorjahren: „Plötzlich ist Geld da“, sagt Dieter Schmitz, zuständiger Co-Dezernent. Dank Fördergeldern aus Berlin kann Essen in den kommenden Jahren jeweils zwischen fünf und sieben Millionen Euro ins Straßennetz investieren, zusätzlich zu fünf Millionen Euro pro Jahr aus dem städtischen Haushalt.

Das Problem: Das Geld aus Berlin muss bis 2020 ausgegeben werden. „Ich kann natürlich sagen, schönen Dank. Aber dann bekommt das Geld eine andere Kommune. Und nichts wäre schlimmer, als wenn wir Fördergelder zurückzahlen müssten“, sagt Dieter Schmitz.

Von Koordination kann kaum noch die Rede sein

Es ist also Druck im Kessel. Den Luxus, Großbaustellen nacheinander abzuarbeiten, könne die Stadt sich nicht erlauben. Unter Zeitdruck steht auch die Ruhrbahn. Deren Haltestellen sollen bis zum Jahr 2022 barrierefrei umgebaut werden. Hinzu kommt der Umbau der Emscher und ihrer Zuläufe wie auch die regelmäßige Kontrolle erkrankter Bäume – Straßensperrungen inklusive. Von Koordination kann da kaum noch die Rede sein.

Ärgerlich: Immer wieder dauern Bauarbeiten länger als geplant, insbesondere beim Kanalbau. Und auf den Baustellen sind zuweilen nur wenige Arbeiter zu sehen. „Wir bekommen in der Regel plausible Erklärungen für Verzögerungen“, sagt Klaus Stock von der städtischen Koordinierungsstelle für Baustellen, räumt aber auch ein: „Wir haben nicht das Personal, um nachzugucken, ob auch gearbeitet wird.“ Selbst wenn: „Mit fehlt das scharfe Schwert für Sanktionen“, sagt Schmitz.

Es träfe städtische Töchter wie die Ruhrbahn oder die Stadtwerke. Auch dort schauen sie auf die Kosten: Ein Zwei-Schicht-Betrieb oder Wochenendarbeit sei etwas für Notfälle.

Steag baut ab 2019 das Fernwärmenetz aus

Immerhin: Die Stadt will den Informationsfluss verbessern: An Baustellen sollen Schilder aufgestellt werden, darauf eine Telefonnummer bei Beschwerden. Denn nach Einschätzung der Verwaltung wird es noch Jahre so weitergehen. Nicht nur, weil die Stadtwerke bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr ins Kanalnetz investieren wollen – mehr als doppelt so viel wie zuletzt.

Ab 2019 baut die Steag das Fernwärmenetz aus, in einem Ring von Stoppenberg über Huttrop, Bergerhausen, Bredeney und weiter gen Westen bis nach Dellwig.