Essen. . Das Regie-Duo Skutr bringt mit Smetanas „Die verkaufte Braut“ Kontroverse statt Kitsch auf die Aalto-Bühne und ein Stück tschechische Identität.

In ihrer Heimat Tschechien sind sie längst keine Unbekannten mehr - die im preisgekrönten Duo Skutr vereinten Regisseure Martin Kukučka und Lukáš Trpišovský. Der eine ist lebhaft und mitreißend, der andere zurückhaltend und nachdenklich. So unterschiedlich die Temperamente der beiden sind, so einig sind sie sich in ihrer Sichtweise auf das, was Theater sein kann: spielerisch, fantasieanregend, offen, unangepasst und angelegt auf Kommunikation. „Für uns ist Theater eine Sprache“, erklären sie. „Wir wollen Menschen ansprechen.“ Und dazu ist ihnen fast jedes Mittel recht. Zu erleben im Aalto-Theater bei ihrer persönlichen Deutschlandpremiere mit der Oper „Die verkaufte Braut“.

Sie lernten sich bereits in der Schule kennen, aber schätzen erst beim Regiestudium in Prag. Mittlerweile inszenieren die 39-Jährigen seit 16 Jahren zusammen. Bekannt wurden sie mit ihren Cross-over-Arbeiten, die Tanz, Bewegung, Akrobatik, Puppentheater, Projektionen, Lichtdesign, Text und Klang kombinieren. „Man darf nicht gelangweilt werden. Das sind unterschiedliche Arten, an eine Geschichte heranzugehen und es ist ganz interessant, sie zu verbinden“, sagt Martin Kukučka, der im Gespräch klar den Ton angibt.

Auch bei der Regie ist er es, der die Menschen auf der Bühne bewegen kann. Lukáš sei der Smarte im Hintergrund. „Das ist keine Arbeit für eine Person. Theater ist ein Dialog. Es ist notwendig, die besten Ideen zu finden, ein Korrektiv zu haben und jemanden, dem man vertrauen kann“, lautet sein Plädoyer für das Arbeiten zu zweit.

Lange experimentell unterwegs

Lange waren sie experimentell unterwegs. Bei der Inszenierung von Heiner Goebbels Musiktheaterstück „Schwarz auf Weiß“ ereilte sie dann die Anfrage, ob sie „Don Giovanni“ im Prager Nationaltheater (heute Ständetheater) übernehmen wollten. Eine Hürde, die sie vor sechs Jahren noch ganz naiv nahmen. „Das kam so überraschend. Es war gar keine Zeit, um vor dem Meisterwerk, das Mozart dort uraufgeführt hatte, Angst zu bekommen“, meint Kukučka.

Die erste Begegnung mit der Oper war auch die mit dem derzeitigen Essener Generalmusikdirektor Tomáš Netopil. „Er ist präzise, humorvoll und offen, etwas auszuprobieren. Das ist nicht bei allen Dirigenten so“, schwärmen die beiden. Keine Frage, dass sie für „Die verkaufte Braut“ in Essen sofort zusagten. Diese tschechische Nationaloper von 1866 mit einem tschechischen künstlerischen Team in Deutschland zu realisieren, ist schon eine Herausforderung.

„So kontrovers wie hier könnten wir die Oper im tschechischen Nationaltheater nicht machen. Man will sie dort klassisch sehen“, sagt Lukáš Trpišovský. Kleine, bunte Häuser und Folklore wird es nicht geben. Stattdessen ein schiefes, dunkles Haus. „Wir sind müde, die Klischees zu bedienen.“ Ein Stück tschechische Identität kommt mit einer Turnhalle aber auch auf die Bühne. „Die gibt es bei uns in jeder Stadt. Sie gehen auf die Turnbewegung Sokol aus dem 19. Jahrhundert zurück.“ Ein Ort für alle Gelegenheiten, den sich Marie für ihre Hochzeit nicht erträumt hat.

Aus der Perspektive von Marie

„Wir bauen einen Albtraum. Wir erzählen die Geschichte aus der Perspektive von Marie. Sie ist verliebt. Ihr Liebhaber betrügt sie. Ihre Eltern wollen sie verkaufen. Sie fühlt sich total verloren. Alles wendet sich gegen sie. Das ist nicht witzig für sie. Von außen betrachtet schon“, führt Martin Kukučka aus, der die Komödie bei all dem Schrecken erhalten will. Umgeben ist Marie von einfachen Leuten, die vom Egoismus getrieben sind, und realistischen Dingen, die Furcht einflößend wirken. Die Filmregisseure Miloš Forman und Stanley Kubrick lassen grüßen sowie die Liebe zu Details. So breiten sich neben atmosphärischem Licht Schatten aus. „Das Hochzeitskleid auf einem Bügel wirkt wie eine erhängte Braut.“

Brautschau im Aalto-Theater

„Die verkaufte Braut“ hat am Samstag, 14. Oktober, Premiere.

Zum tschechischen Leitungsteam gehören neben dem Regieduo Skutr der Bühnenbildner Martin Chocholoušek, die Kostümbildnerin Simona Rybáková und der Dirigent Tomáš Netopil. Außerdem ist der Tenor Richard Samek als Hans mit von der Partie. Ansonsten wurden die Rollen mit Sängern aus dem hauseigenen Ensemble besetzt. Gesungen wird in deutscher Sprache.

Restkarten für die Premiere, weitere Termine: 0201-8122 200