Essen. Die Forderung des Essener Oberbürgermeisters nach begrenzenden Regeln für die Zuwanderungspraxis hat eine heftige Debatte ausgelöst.
- Die Forderung von OB Thomas Kufen an die Bundespolitik, es müsse für Zuwanderung eine Obergrenze geben, wird heftig debattiert
- Kufen hatte dies mit der sonst drohenden Überforderung der Städte begründet
- Der CDU-Politik hatte auch die Bundeskanzlerin kritisiert, weil sie in der Migrationspolitik zu wenig änderungsbereit sei
Mit seinen kritischen Anmerkungen zur Migrationspolitik der Bundesregierung hat Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) in Essen und darüber hinaus eine kontroverse Debatte ausgelöst.
Kufen hatte im Gespräch mit dieser Zeitung gefordert, die nächste Bundesregierung müsse ein Einwanderungsgesetz mit klaren Regeln verabschieden und eine „Obergrenze bei der Zuwanderung“ festlegen, da Essen nur so vor Überforderung geschützt werden könne.
Als Grund für die AfD-Erfolge auch im Essener Norden nannte er das „Ignorieren bestimmten Themen“, wozu die Schattenseiten der Migration zählten. Kritik übte er an der Bundeskanzlerin, die im Wahlkampf erklärte, sie könne auch im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 beim Regierungshandeln keine grundlegenden Fehler erkennen. Dies, so Kufen, sei ein „Wachstumsprogramm für die AfD“ gewesen.
Grünen-Chefin wirft Kufen vor, AfD-Positionen zu übernehmen
Während der OB nach eigenen Angaben von Bürgern überwiegend Beifall erhielt, entwickelte sich im Netzwerk Facebook eine strittige Diskussion. Scharfe Kritik äußerte Essens Grünen-Chefin Gönül Eğlence, die Kufen vorwarf, „AfD-Positionen zu übernehmen“ und „nationalextremes Gedankengut zu schüren“ Es sei „eine große Enttäuschung sowas vom ,Integrationsbürgermeister’ Kufen lesen zu müssen“.
In ihrer offiziellen Mitteilung äußerten sich die Grünen etwas gemäßigter. Kufen habe zwar recht, wenn er die zu geringe Unterstützung für die Städte anprangere, nicht aber mit seiner Grundsatzkritik. „Statt Jamaika-Sondierungen im Bund zu befrachten“, solle der OB besser seine „integrationspolitischen Hausaufgaben vor Ort erledigen.“ Kufen möge sich auch selbstkritisch fragen, ob die Flüchtlinge in Essen zwischen Nord und Süd ausgewogen verteilt wurden.
Bürgerbündnis EBB sieht beim OB einen erfreulichen „Sinneswandel“
Als überraschenden, aber begrüßenwerten „Sinneswandel“ bewertet das Essener Bürgerbündnis (EBB) die Äußerungen des OB. Neben Appellen an den Bund, seien auch konkrete Änderungen in Essen selbst nötig. „Am Anfang muss eine ganzheitliche Kostentransparenz über die bislang verstreut bzw. versteckt in allen Teilhaushalten anfallenden Kosten für die Unterbringung, Betreuung und Integration der Flüchtlinge geschaffen werden. Dazu zählt auch der massive Aufbau des Verwaltungsapparats“, sagte Fraktionschef Michael Schwamborn.
So sei zu klären, warum Essen für asylbezogene Kosten keine vollständige Kostenerstattung durch den Bund erhalte. „Eine Verwaltung, die ohne Daten- und Faktenbasis nur gefühlsgetrieben handelt, kann Generationenprobleme wie Flüchtlingsströme und Integration nicht erfolgreich meistern.“
Linke sprechen von „irgendwelchen Pseudodebatten um eine Obergrenze“
Die Essener Linken verweisen auf das deutsche Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonventionen, die beide keine Obergrenze kennen würden. Statt sich „mit irgendwelchen Pseudodebatten über Obergrenzen zu befassen“, gelte es konkret an der Integration zu arbeiten, etwa „die integrationsfeindliche Praxis der Kettenduldungen zu beenden“.
Die CDU stellte sich hingegen vor den OB. Wenn es um Asyl für Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten gehe, werde sich Essen auch künftig „nicht aus der Verantwortung stehlen“, so Ratsherr Dirk Kalweit. Dennoch stelle sich die Grundsatzfrage, wie Migration zu steuern ist.