Essen. . Am Dienstag öffneten die Muslime ihre Moscheen und beantworteten Gästen Fragen. In angespannten Zeiten ein wichtiges Angebot.
Der Dialog zwischen Muslimen und Nichtmuslimen gehört seit Jahren ganz selbstverständlich zum Zusammenleben in vielen Nachbarschaften bundesweit, so auch im Essener Norden. In Zeiten, da das Verhältnis zur Türkei angespannt ist, da Anschläge wie in Marseille die Welt erschüttern, scheint der Ton rauer geworden zu sein – oder täuscht der Eindruck?
Seit 2007 laden Muslime in Essen Jahr für Jahr zum Tag der offenen Moschee. Am Dienstag, dem Tag der Deutschen Einheit, war es wieder soweit. „Im Vordergrund steht der Gedanke, den Islam vorzustellen, zu zeigen, woran wir glauben, um in der Gesellschaft ein besseres gegenseitiges Verständnis herzustellen“, sagt Eyüp Kalyon, Imam der Ditib-Zentralmoschee in Altendorf. Am Dienstag stand Eyüp Kalyon Besuchern in der prunkvollen Fatih-Moschee an der Schalker Straße in Katernberg persönlich zur Verfügung. Sein Eindruck: „Zu Themen wie der Politik der Türkei kommen nicht so viele Fragen. Im Vordergrund steht eher die Religion: Ob Kinder fasten müssen zum Beispiel oder warum Frauen in der Moschee hinten sitzen.“
Während die Besucher den Blick über die prächtige Innenausstattung schweifen lassen, werden unter dem Kronleuchter durchaus auch kritische Fragen gestellt. Ein älterer Herr interessiert sich für die Rolle der Kinder im Islam, ob diesen nicht der Glaube mit seinen doch strengen Regeln aufgezwungen würde? „Die Religion ist ein Leitfaden, die Eltern wollen nicht, dass die Kinder auf die schiefe Bahn geraten, Drogen nehmen oder kriminell werden“, erklärt der ehrenamtliche Moscheeführer.
Dass unbequeme Themen angesprochen werden können, loben die Gäste. „Ich kann jetzt zum Beispiel die Rolle der Frau im Islam besser verstehen“, sagt Dirk Nozulak. Die Politik wolle er lieber nicht anreißen: „Man ist ja auch Gast, das würde sich nicht gehören.“
Ein Austausch findet statt, bestätigt Imam Eyüp Kalyon: „Der Dialog hier in Essen ist gut.“ Allerdings gibt er zu bedenken: „Kleinstädte hier im Umkreis sind noch weiter. Da kommen zu Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Moschee immer auch Vertreter aus Politik und Gesellschaft. Die Bereitschaft wünschte ich mir hier auch.“
Ein Satz, den Saban Delibas, Elternpflegschaftsvorsitzender in der Zentralmoschee, unterschreiben würde: „Leider ist es uns trotz mehrerer Kontaktaufnahmen in der bisherigen Amtszeit von Oberbürgermeister Thomas Kufen nicht gelungen, uns bei ihm als Zentralmoschee vorzustellen.“ Delibas bestätigt außerdem, dass das nachbarschaftliche Verhältnis unter der politischen Lage in der Türkei gelitten habe. Doch gebe es in jüngster Zeit einen positiven Trend: „Die Eskalationsstufe hat wieder deutlich abgenommen. Ich bin froh, dass wir auf der Arbeit einfach wieder über Fußball reden können.“
Am interreligiösen Dialog lasse sich aber noch arbeiten: Denn in der Zentralmoschee blieben die Gäste fern, während man an der Moschee des Islamisches Bundes in Katernberg vor verschlossenen Türen stand. „Auch die Muslime sind gefragt. Hier in Essen ziehen sich zu viele noch zu sehr zurück“, sagt Eyüp Kalyon.