Essen. . Für den Architekten Peter Brdenk ist der Wiederaufbau verschwundener Gebäude in der Essener Innenstadt weder realisierbar noch wünschenswert.

  • Eine Initiative „Für den Wiederaufbau der Essener Altstadt“ sorgt seit einiger Zeit für einige Furore
  • Der Essener Architekt und Architekturhistoriker Peter Brdenk bucht die meisten Vorstellungen aber unter heillose Nostalgie ab
  • Immerhin aber: Die Dächer einiger Gebäude, die unvollständig wieder aufgebaut wurden, könne man durchaus rekonstruieren

Architekten können sich vieles vorstellen, der originalgetreue Wiederaufbau alter Gebäude gilt aber den meisten als phantasielos und fachlich minderwertig. So geht es auch dem Essener Architekten Peter Brdenk, der wenig anfangen kann mit den Aktivitäten einer Initiative, die sich dem „Wiederaufbau der Essener Altstadt“ verschrieben hat. „Wenn ich lese, es sei ein ernsthaftes Ziel, das alte Essener Rathaus wiederaufzubauen, dann halte ich das für großen Unsinn“, sagt der 58-Jährige. So etwas sei weder machbar noch auch nur wünschenswert.

Brdenk überzeugt nicht, wenn die Initiative auf andere Städte verweist, wo sehr wohl Nachbauten zur Zufriedenheit vieler Bürger möglich gemacht wurden oder dies gerade im Gang ist. „Die Verhältnisse sind einfach nicht vergleichbar.“ Essen sei weder Berlin noch Dresden, und wenn Frankfurt Teile seiner im Krieg zerstörten mittelalterlichen Altstadt wiederaufbaut, so bleibe unabhängig von der Bewertung dieser Rekonstruktion eines festzuhalten: „Essen hat nie eine solche Altstadt besessen.“

Und so sah das Eickhaus mal aus, bevor der Bombenkrieg dem Gebäude das markante Pagodendach nahm.
Und so sah das Eickhaus mal aus, bevor der Bombenkrieg dem Gebäude das markante Pagodendach nahm.

Dabei ist Brdenk keiner, dem der Blick für die Schönheiten und die Hässlichkeiten der Essener Stadtentwicklung abginge, ganz im Gegenteil. Gemeinsam mit anderen Experten hat er bereits zwei Standardwerke zur Essener Architektur herausgebracht und arbeitet derzeit an einem dritten Buch. Aus seiner Sicht machen viele den Fehler, nicht zwischen Architekturqualität auf der einen und ihren nostalgisch-romantischen Empfindungen auf der anderen Seite zu unterscheiden. Alte Fotos wirkten oft sehr stimmig, die sprichwörtlichen Hinterhöfe, in denen es weniger angenehm war, würden allerdings ausgeblendet. „Das alte Essener Rathaus entstand in einer Zeit, als Architekten fast nur die Vergangenheit zitierten – es ist reinster Historismus.“ Auch aus baukünstlerischen Gründen sei ein Wiederaufbau also wenig sinnvoll.

Vorstellen kann sich Brdenk, der auch im Vorstand des Essener Bundes der Deutschen Architekten (BDA) aktiv ist, aber durchaus etwas anderes: In Essen gebe es eine ganze Reihe von Häusern, die nach dem Krieg vor allem im Bereich des Daches nur provisorisch wiederaufgebaut wurden. In der Innenstadt seien das Eick-Haus (heute „Ansons“) und das Haus der Begegnung am Webermarkt solche Beispiele, an der Rekonstruktion der Turmhaube der Friedenskirche an der Alten Synagoge war Brdenk sogar stark beteiligt.

Wenig erbaut von Vorstellungen, verloren gegangene Gebäude in der Innenstadt zu rekonstruieren, ist der Essener Architekt Peter Brdenk.
Wenig erbaut von Vorstellungen, verloren gegangene Gebäude in der Innenstadt zu rekonstruieren, ist der Essener Architekt Peter Brdenk. © Kerstin Kokoska

Was diese Gebäude betrifft, sind Architekt und Altstadt-Freunde nicht weit voneinander entfernt. Aber Andreas Graeff, Sprecher der Initiative „Für den Wiederaufbau der Essener Altstadt“ sieht auch sonst keinen Grund, weshalb in Essen nicht sein soll, was woanders funktioniert: nämlich verloren gegangene Gebäude vollständig zu rekonstruieren. Schwierig sei es natürlich, Investoren zu finden, die solche Projekte finanzieren.

Die Initiative will deshalb auch erst mal klein anfangen und die Stadt davon überzeugen, auf dem als kalt und nüchtern empfundenen Willy-Brandt-Platz alte Straßenlaternen aufzustellen. „Wir plädieren außerdem dafür, bei Neubauten auf alte Formensprachen zurückzugreifen“, so Graeff. Das gelte etwa für das Vorhaben der Stadt, anstelle des Hauptbades ein neues bürgernahes Service-Rathaus zu bauen. „Schon wegen der Nähe zur Alten Synagoge und anderer historischer Bauten sollte das kein Glaskasten werden.“

Peter Brdenk hat, zumindest beim Thema Willy-Brandt-Platz, eine gänzlich andere Meinung: „Nachgebaute historische Straßenlaternen – ganz üble Sache.“