Essen. . Das Fahrgastschiff MS Innogy nimmt den Betrieb auf. Eine Fahrt mit dem Öko-Schiff ist ein Erlebnis. Enttäuscht sein dürften nur Nostalgiker.

  • Weiße Flotte Baldeney nimmt MS Innogy in Betrieb. Vorzeigeprojekt der Grünen Hauptstadt
  • Sponsor Innogy will umweltfreundliche Antriebsart demonstrieren. Interesse aus aller Welt
  • Kaum Geräusche, kein Dieselmief. Niedriger Tiefgang und geringe Höhe vergrößern Reichweite

Lautlos gleitet die MS Innogy über den Baldeneysee. Nur aus dem mit Technik vollgepackten schrankwandgroßen Kasten am Heck des Schiffes ist ein leises Surren zu vernehmen. Die geräuscharme Fahrt ist ungewohnt, auch für Schiffsführerin Victoria Kräling.

Die Energie kommt aus der Brennstoffzelle

„In der Rückfahrkamera sieht man wenigstens das Schraubenwasser“, sagt die 30-Jährige mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Das gibt einem Sicherheit.“ Hört sie nichts auf der Brücke, ist das sonst ein sicheres Zeichen dafür, dass die Maschine ausgefallen ist. Nicht so auf der MS Innogy. Das neue Fahrgastschiff der Weißen Flotte Baldeney fährt mit Elektro-Antrieb. Die Energie liefert eine Brennstoffzelle, die mit einem Methanol-Wasser-Gemisch gespeist wird. Weltweit ist das einmalig.

Bootsmann Olaf Blaszyk begrüßt die Passagiere.
Bootsmann Olaf Blaszyk begrüßt die Passagiere. © Marcus Schymiczek

Essens Öko-Schiff fahre sich wie ein Neuwagen, sagt die Schiffsführerin. „Sonst muss ich am Ruder richtig kurbeln.“ Die Innogy steuert Kräling mit einem Joystick. Ist der Tank leer, kann Victoria Kräling auf Dieselbetrieb umschalten.

Bequem haben es auch die Passagiere. Der Einstieg erfolgt über den Bug, wo sich eine Klappe absenken lässt wie bei einem Landungsboot. An Bord mangelt es an nichts; Küche, Toiletten, alles da. Nur wenn jemand sein Fahrrad mitnehmen möchte, was wie auf allen Schiffen der Weißen Flotte auch auf der MS Innogy möglich ist, könnte es eng werden. 150 Fahrgäste finden Platz, 72 davon auf dem Oberdeck, wo es Sitzgruppen gibt, aber keine Tische. Dafür weht einem kein Dieselmief um die Nase. Wie unangenehm der sein kann, riecht man, als an Steuerbord die „Stadt Essen“ auftaucht. Auf dem Schwesterschiff, Baujahr 1986, dampft und rumpelt es, dass seine wahre Freude hat, wer es nostalgisch liebt.

Auch an Bord eines „Öko-Schiffs“ darf eine Glocke nicht fehlen.
Auch an Bord eines „Öko-Schiffs“ darf eine Glocke nicht fehlen. © Marcus Schymiczek

Auf dem Öko-Schiff möchte Sponsor Innogy der Welt dagegen vorführen, wie ein umweltfreundlicher Antrieb funktioniert. Mehr noch: Das übrigens geruchslose Methanol wird zu Demonstrationszwecken in einem kleinen Kraftwerk am Baldeneywehr mit Hilfe erneuerbarer Energie produziert; das dafür notwendige Co2 wird er Umgebungsluft erst entzogen und auf dem Schiff durch Brennstoffzelle wieder freigesetzt. Theoretisch könnte die MS Innogy klimaneutral fahren, würde der Energieversorger am Baldeneywehr mehr herstellen als fünf bis sechs Liter Methanol pro Tag, was mit einem größeren Kraftwerk sehr wohl möglich wäre. Zwölf Liter reines Methanol verbraucht das Öko-Schiff pro Stunde. Der fehlende Brennstoff wurde aus Island importiert. Vom Grundsatz her aber funktioniert der klimaneutrale Antrieb, heißt es bei Innogy. Das habe man mit dem Projekt zur Grünen Hauptstadt unter Beweis stellen wollen. Das Interesse sei groß. Es gebe Anfragen von Reedereien und Ingenieuren aus Indien und den USA. Vertreter der renommierten Meyer-Werft aus Papenburg haben sich das Schiff bereits angeschaut.

Die Wasserstraße endet an der Zornigen Ameise

Die Weiße Flotte will es dafür, um zu neuen Ufern aufzubrechen. „Wir fahren bis nach Horst, Burgaltendorf und Bochum-Dahlhausen, wenn man uns lässt“, sagt Geschäftsführer Franz-Josef. Dafür bedürfte es allerdings einer Sondergenehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf, denn die Landeswasserstraße endet an der „Zornige Ameise“ in Bergerhausen. Und eben das gilt bis auf weiteres auch für die Fahrt mit der „MS Innogy“.