Essen. . Schmerzhaft, aber von besonderer Bedeutung: Im Huyssensstift sorgen Kühlhauben dafür, dass Frauen mit Brustkrebs trotz Chemo ihre Haare behalten

  • Im Huyssensstift wurden im Rahmen einer Testphase 20 Brustkrebs-Patientinnen mit Kühlhauben behandelt
  • Dank dieser Kühlhauben-Therapie können sie trotz Chemo einen Teil ihrer Haare behalten
  • Wie Tülay Turan: „Meine Haare geben mir Kraft im Kampf gegen den Krebs“, sagt die Mutter von zwei Kindern

Wer Tülay Turan trifft, erlebt eine junge und lebenslustige Frau. Das ist bei der 36-Jährigen, Mutter von zwei Kindern, keineswegs selbstverständlich: Bei ihr wurde Brustkrebs diagnostiziert. Tumor-Operation und Chemotherapie hat die Patientin im Huyssensstift der Kliniken Essen-Mitte hinter sich. „Ich bin eine Kämpferin“, sagt die Frau, für die in der anstrengenden wie belastenden Therapie eine begleitende Maßnahme von besonderer Bedeutung war. Dank einer Kühlhauben-Behandlung konnte sie trotz Chemo einen Teil ihrer Haare behalten. „Die Diagnose war ein Schock. Aber mich motiviert, dass ich meine Haare noch habe. Sie geben mir Kraft im Kampf gegen den Krebs“, erklärt Tülay Turan und streicht sich über den Kopf.

Patientin Tülay Turan mit den Krankenpflegern (v.l.) Antje Höhler , Jörg Timmer und Gordana Markovska.
Patientin Tülay Turan mit den Krankenpflegern (v.l.) Antje Höhler , Jörg Timmer und Gordana Markovska.

Die 36-Jährige war während einer Testphase eine von 20 Patientinnen, die die Kühlhauben im Huyssensstift nutzen konnten. Die Anschaffung von 70 000 Euro wurde mit der Spende eines Mannes finanziert, dessen an Brustkrebs erkrankte Frau erfolgreich an der Henricistraße behandelt wurde. Die kostensintensive Hauben-Therapie wird von den Kassen nicht übernommen. Anders als bei Praxen im östlichen Ruhrgebiet müssen die Brustkrebs-Patientinnen im Huyssensstift aber keinen Eigenbeitrag zahlen, da die Behandlung noch über Spenden finanziert wird. „Wir hoffen, dass wir einen gemeinsamen Weg mit den Kassen im Sinne der Patientinnen finden“, sagt Dr. Sherko Kümmel, Direktor des Interdisziplinären Brust-/ Krebszentrums an den Kliniken Essen-Mitte.

Dr. Sherko Kümmel.
Dr. Sherko Kümmel. © Kerstin Kokoska

Der Brustkrebs-Experte ist von der Behandlung überzeugt. „Studien zeigen, dass 20 bis 80 Prozent der behandelten Frauen keine Perücke mehr benötigen.“ Was beim Kampf auf Leben und Tod auf den ersten Blick wenig wichtig erscheint, hat für Betroffene besondere Relevanz: „Die Haare zu behalten ist für Frauen von immenser Bedeutung. Gerade durch den Haarverlust wird die Krankheit und die zu durchlebende Zeit nach außen getragen. Daher entscheiden sich 98 Prozent der Frauen für den Haarersatz. Mit der Kühlhaube wird bei jeder zweiten bis fünften Frau die Perücke nicht mehr benötigt. Damit fällt die oft sehr schmerzhaft empfundene Veränderung des Körperbildes weg“, erklärt Kümmel den therapeutischen Wert des Haarerhalts, den er bei seinen Patientinnen miterlebt.

Starke Kopfschmerzen

Dafür nehmen die Brustkrebs-Patientinnen zusätzliche Belastungen in Kauf. „Es ist unangenehm und schmerzhaft“, beschreibt Tülay Turan. Die Kühlhauben kommen während der 16 chemotherapeutischen Sitzungen zum Einsatz. Genauso viele Behandlungen gibt es mit der rotschwarzen Thermo-Haube, die einer Badekappe ähnelt. Anfangs wird die Kopfhaut auf drei bis fünf Grad heruntergekühlt, was starke Kopfschmerzen bei den Patientinnen verursacht. Deshalb wird die Therapie auch immer wieder von Frauen abgebrochen. Kühl- und Nachkühlphase dauern dann bis zu fünf Stunden. Dabei werden Durchblutung und Stoffwechsel so beeinflusst, dass es trotz der Chemotherapie einen Teil-Erhalt der Haare gibt.

„Ich habe noch 20 Prozent meiner Haare. Sie sind nicht mehr so dick und gehen nicht mehr bis zum Po. Aber sie sind einfach noch da. Und das ist ganz wichtig für mich“, sagt Tülay Turan. Die Mutter überlegt kurz: „Ich würde mich richtig krank fühlen, wenn ich eine Glatze im Spiegel sehen müsste.“ Stattdessen sieht die junge Frau jeden Tag ihren schön gebundenen Zopf.