Im Wartezimmer von Awo-Mitarbeiter Ahmad Hmedi ist die Flüchtlingskrise noch hochaktuell: Er hilft, schwere Schicksale zu lindern.
Vor einem Jahr beherrschte das Thema Flüchtlinge auch in Essen die Schlagzeilen und sorgte für erhitzte Diskussionen in den Stadtteilen. Heute werden keine neuen Heime gebaut, sondern Standorte geschlossen, die Lage hat sich beruhigt. Doch Ahmad Hmedi erlebt in seinem Büro am Pferdemarkt eine andere Realität.
Der studierte Sozialarbeiter ist bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) für die Asylberatung zuständig: Er kümmert sich um Flüchtlinge im Asylverfahren und um Minderjährige, die ohne Familie nach Deutschland gekommen sind. Im Warteraum vor seinem Büro bleibt an Beratungstagen kein Sitzplatz ungenutzt, Überstunden gehören dann zur Routine.
„Zu mir kommen immer wieder neue Menschen, der Strom ist in diesem Jahr nicht abgerissen“, sagt Hmedi, der bei anderen Fachleuten aus der Flüchtlingsbetreuung als „der Mann für schwierige Fälle“ gilt. Hmedi hilft gewiss, dass er selbst Fluchterfahrung hat; der Sozialarbeiter wurde im syrischen Rakka geboren und kam 2003 nach Deutschland. So kann er auch mühelos vom Deutschen in seine Muttersprache Arabisch wechseln.
Zu seinen Aufgaben bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gehören die Beratung zu Aufenthaltsfragen, die Vorbereitung auf den Termin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Hilfe bei persönlichen Sorgen. „Hinter jedem Fall stehen Schicksale und Probleme, die für ein ganzes Leben reichen würden“, sagt Hmedi. Auch wenn ihm die Berichte zu Herzen gehen, muss er eine professionelle Distanz wahren, um effektiv helfen zu können. „Manche junge Flüchtlinge haben auf dem Weg nach Europa die Eltern verloren, andere sind durch Kriegserlebnisse traumatisiert.“
Ähnlich herausfordernd ist die Beratung erwachsener Flüchtlinge. „Meist kommen Menschen aus Syrien, dem Irak, Albanien, Afghanistan, Marokko oder Tunesien zu mir – vom Analphabeten bis zum Unidozenten, moderne Städter genauso wie eher traditionelle Landbewohner.“ Glücklicherweise habe die Awo viele Angebote für die Zielgruppe, auch die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen laufe problemlos.
Außerdem wisse er, auch wenn der Warteraum voll und der Stress groß ist: „Es ist mehr als nur befriedigend, Menschen zu helfen und manches schlimme Schicksal zu lindern.“