Essen. . Ursula Lämmel ist seit 40 Jahren in der Heilsarmee. Ihr Anliegen ist, sich um die Menschen zu kümmern, die in der Gesellschaft ganz unten stehen.
- Die Essenerin Ursula Lämmel engagiert seit vier Jahrzehnten in der Heilsarmee
- Menschen ohne Vorurteile zu begegnen, ihnen in der Not zu helfen und die Hand zu reichen, das ist Ursula Lämmel ein großes Bedürfnis
- Heilsarmee kocht jeden Dienstag für Obdachlose, betreibt Kleiderkammer und lädt sonntags zu Kaffee und Kuchen
Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst – das ist der Leitspruch von Ursula Lämmel. Seit 40 Jahren ist die Heilsarmee ihre Berufung und ihre Familie.
Menschen ohne Vorurteile zu begegnen, ihnen in der Not zu helfen und die Hand zu reichen, das ist Ursula Lämmel ein großes Bedürfnis. Und eine Selbstverständlichkeit. Dafür hat die 79-Jährige ihr halbes Leben der Heilsarmee gewidmet. „Ich erwarte nichts, ich will keinen Dank. Was ich gebe, kehrt ins eigene Herz zurück“, sagt die gebürtige Berlinerin voller Inbrunst und Gottvertrauen.
„Das ist mein Zuhause. Das ist meine Familie.“
Jede freie Minute verbringt die pensionierte Krankenschwester in der Lazarettstraße in der Essener Innenstadt. Dort versammelt sich die kleine Glaubensgemeinschaft in einem hellen, schmucklosen Raum: ein schlichtes Holzkreuz an der weißen Wand, daneben ein Banner mit der goldenen Inschrift „Jesus siegt“, eine aufgeschlagene Bibel und in der Mitte ein Tisch mit Stühlen – viel mehr steht hier nicht. Trotzdem sagt die unverheiratete und kinderlose Ursula Lämmel: „Das ist mein Zuhause. Das ist meine Familie.“
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Schon als Kind kam sie mit der freikirchlichen Gemeinschaft in Berührung, „meine Eltern waren Mitglieder der Heilsarmee. Bereits da habe ich die Heilsarmee als besonderen Ort kennengelernt.“
Doch zunächst wurde sie als junge Krankenschwester Diakonissin und fand dort ihre Erfüllung. Erst mit dem Umzug nach Essen, wo ihre Schwester Offizierin in der Heilsarmee war, trat sie der Gemeinschaft wieder bei.
Ihr großes Anliegen ist, sich um die Menschen zu kümmern
„In der Amtskirche war ich nur Mitläufer. Ich will aber Mitarbeiterin sein und mitgestalten. Das kann man hier am besten“, begründet die resolut wirkende Seniorin ihren damaligen Entschluss, sich die dunkelblaue Uniform anzuziehen. Die bietet den Salutisten, wie die ehrenamtlichen Mitglieder genannt werden, Schutz und Achtung. „Ich trage sie seitdem mit Stolz.“
Ihr großes Anliegen, auch in ihrer Zeit als Krankenschwester, ist es, sich um die Menschen zu kümmern, die in der Gesellschaft ganz unten stehen. Das sind vor allen Obdachlose. „Für mich ist jeder Mensch wert, geachtet, ja geliebt zu werden, egal, welche Vergangenheit er hat“, sagt sie und nennt damit eine der wichtigsten sozialen Aufgaben, die sich die Heilsarmee seit ihrer Gründung vor 152 Jahren auf die Fahne geschrieben hat.
Jeden Dienstag wird für die Obdachlosen gekocht
In Essen, wo die Heilsarmee seit 121 Jahren tätig ist, wird jeden Dienstag für Obdachlose gekocht. Dazu betreibt die Armee noch eine Kleiderkammer und lädt sonntags zu Kaffee, Kuchen und belegten Broten ein. „Wir heißen jeden willkommen und nehmen unsere Besucher so an, wie sie sind. Sie können uns ihr Herz ausschütten und erfahren Hilfe und Trost.“
Früher war Ursula Lämmel viel auf den Straßen und Kneipen unterwegs, um mit Menschen über Gottes Botschaft zu sprechen und sie von den Sünden wie Alkohol, Nikotin und anderen Drogen fernzuhalten. Heute predigt sie nur noch für die kleine Gemeinschaft.
Kleiner werdende Gemeinde und fehlender Nachwuchs
Denn mittlerweile ist die Heilsarmee von der Straße fast verschwunden. „Diese Art der Mission gibt es schon länger nicht mehr. Wir haben uns weitgehend zurückgezogen“, erklärt Leutnant Eric Olson, der gemeinsam mit seiner Frau Rachael die Gemeinde in Essen und Gelsenkirchen leitet. Die Gründe für den Rückzug sind vielschichtig und haben etwas mit der immer kleiner werdenden Gemeinde, dem fehlenden Nachwuchs und dem veränderten Verhalten in Zeiten der digitalen Medien zu tun.
„Die Menschen hetzen durch die Straßen, schauen sich nicht mehr an, sondern lieber auf ihr Smartphone“, bedauert Ursula Lämmel. Zweifel an ihrer Mission hat sie dennoch nicht. „Ich lebe im Glauben und weiß, dass ich gebraucht werde. Dafür bin ich voller Dank und Liebe.“
Christus und den Menschen dienen lautet der Auftrag der Heilsarmee, die 1865 gegründet wurde
Die Heilsarmee, eine evangelische Freikirche, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in den Slums des Londoner East End von dem damaligen Methodistenprediger William Booth gegründet, der von der erschütternden seelischen und sozialen Not der Menschen tief berührt war.
Nächstenliebe und christlicher Glaube, das sind die beiden Pfeiler, auf denen die Heilsarmee, die im angelsächsischen Sprachraum „Salvation Army“ heißt, ruht. Die „Heilssoldaten“, bei denen Frauen und Männer von Anfang an gleichberechtigt waren, kümmern sich um Arme, Kranke und Hungernde in aller Welt. Heute betreibt sie mehr als 4000 soziale Einrichtungen und Schulen in 126 Ländern.
Noch 40 aktive Mitglieder in Essen
In dunkelblauer Uniform und mit dem großen, leuchtenden „H“ am Revers: So kennt man die Soldaten und Soldatinnen der Heilsarmee. Nach militärischen Grundsätzen organisiert und mit einem ungebrochenen Willen zur Missionierung der Welt nimmt sie einen Sonderplatz unter den Hilfsorganisationen der Welt ein.
Sie ist dort, wo es brennt. Nach den Überschwemmungen in Chile, Ecuador und Peru verteilten mehrere Divisionen Lebensmittel und Trinkwasser. Beim Erdbeben in Nepal waren Salutisten mit Katastrophenhilfsdiensten zur Stelle. Notfallseelsorger der Heilsarmee standen auch am Düsseldorfer Flughafen bereit, als der Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen bekannt wurde.
In Essen gibt es die Heilsarmee bereits seit 121 Jahren, knapp 72 Jahre davon sitzt sie in der Lazarettstraße. Das Grundstück, ein ehemaliger jüdischer Friedhof, hat ihnen die jüdische Gemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg verkauft, mit dem Wunsch, dass dort soziales Gemeindeleben stattfindet.
Heute gehören noch 40 aktive Mitglieder zum Essener Korps.
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