Essen. . Der noble Club mit den drei Kruppschen Ringen hält die Tradition hoch, will sich aber neuen Mitgliedern aus allen Schichten öffnen.

  • Der Etuf will seine Tradition pflegen, will sich aber neuen Mitgliedern aus allen Schichten öffnen
  • 36 Hektar großes Vereinsgelände ist ein Pfund, mit dem Verein wuchert, aber auch eine Last
  • Auch Etuf spürt, dass sich Sportverhalten und Trends ändern, und denkt über neue Sportarten nach

Die Schranke zum weitläufigen Vereinsgelände des Etuf am Baldeneysee steht offen. Besucher dürfen das durchaus symbolisch sehen. Denn der Club mit den drei Ringen, dem seit jeher etwas Elitäres anhaftet, will sich öffnen, will weg vom Image, er sei ein exklusiver Verein für die oberen Zehntausend der Stadtgesellschaft. „Ich weiß nicht, ob er das jemals war“, sagt Jens Wachowitz, seit April hauptamtlicher Geschäftsführer beim Etuf. Aber dieses Bild haben sie lange und gerne gepflegt im Essener Turn und Fechtclub e.V.

Die Anfänge des Etuf gehen zurück bis 1884

Dessen Anfänge gehen auf keinen geringeren als auf Friedrich Alfred Krupp zurück. 1884 initiierte er die Gründung eines Fechtclubs, der „allen Bürgern offen stehen“ sollte, wie es in der Chronik des Etuf heißt. Die Aufnahmegebühr betrug drei Mark, der Jahresbeitrag 20 Mark. Man darf davon ausgehen, dass sich das nicht jeder Bürger leisten konnte.

In den folgenden Jahren kamen auf den ausgedehnten Krupp-Grundstücken im Ruhrtal weitere Sportarten hinzu. Auf Tennis war Friedrich Alfred Krupp bei einem Besuch in England aufmerksam geworden, Turner und Ruderer kamen hinzu, mit dem Bau des Baldeneysees folgte der Segelsport, später Golf und Hockey. Bis heute spricht man beim Etuf von Riegen. Dass es sich um olympische Disziplinen handelt, darauf sind sie stolz im Verein, der selbst Olympiasieger hervorbrachte: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach gewann bei den Spielen 1936 Bronze im Segeln. Harro Bode, später Vorstand des Ruhrverbandes, holte 1976 in Montreal sogar Gold.

Über allem wehen bis heute die drei Ringe von Krupp. „Manche Leute glauben immer noch, der Etuf ist ein Werksclub“, sagt Jens Wachowitz. Dabei verbindet den Etuf heute nichts mehr mit dem großen Namen. Bis auf die Tradition. Der fühlt man sich verpflichtet und will doch neue Wege gehen. „Das ist ein Spagat“, sagt der 2. Vorsitzende Christian Mahnert-Lueg. Für den Etuf gehe es darum, das Besondere zu bewahren und sich gleichzeitig zu öffnen für neue Mitglieder, auf die selbst eine offene Schranke wie eine Barriere wirkt.

Freien Zugang gibt es heute auch zum Clubhaus

Von außen sichtbar wird dies am Uferweg des Baldeneysees. Es ist jener Weg zwischen Regattahaus und dem Stauwehr, der Spaziergängern früher verschlossen blieb, weil der Etuf hier Exklusivrechte genoss. 1971 demonstrierten die Jusos für freien Durchgang und Zugang zum See. Zwei Jahre sollte es aber noch dauern, bis der Weg öffentlich wurde.

Heute gibt es dort auch einen Zugang zum Clubhaus des Etuf. Früher stand es allein Mitgliedern offen, erst seit zwei Jahren ist jeder Gast willkommen. Es gebe Vereinsmitglieder, die sich noch schwer tun damit, wenn sie auf der Terrasse ein ihnen unbekanntes Gesicht sehen, berichtet Christian Mahnert-Lueg. Aber ein Clubhaus nur für Vereinsmitglieder rechne sich wirtschaftlich nicht mehr.

Auch beim Etuf müssen sie längst spitz rechnen. Die Zeiten, in denen es genügte, wenn der Schatzmeister ein paar Freunde und Förderer um eine Spende bat, seien vorbei. Wer mit offenen Augen über das 36 Hektar große Vereinsgelände geht, kann nicht übersehen, dass es viel Geld und Mühe kostet, alles einigermaßen in Schuss zu halten. Die Mitgliedsbeiträge seien höher als anderswo, räumt Geschäftsführer Jens Wachowitz ein. Aber wo sonst findet, wer Sport treiben will, ein solches Ambiente?

Wie jeder andere Sportverein, muss aber auch der Etuf damit umgehen, dass sich Trends und Freizeitverhalten verändern. 1500 Mitglieder zählte etwa die Tennis-Riege, als Steffi Graf und Boris Becker in ganz Deutschland einen Boom auslösten. Heute sind es halb so viele. Wer auf einem der 19 Plätze den Schläger schwingen will, muss nicht lange warten. An diesem Vormittag spielen vier jung gebliebene Damen im fortgeschrittenen Alter ein Doppel. Der von Sitztribünen umrahmte Centercourt, auf dem Stars wie Eric Jelen und Charly Steeb um Punkte spielten, ist verwaist. Das gilt auch für die beiden Hockeyplätze mit dem kurz geschorenen Grün. „Auf Naturrasen wird heute nicht mehr gespielt“, erläutert Wachowitz.

Platz haben sie genug beim Etuf, und so denkt der Vorstand darüber nach, den Verein für weitere Sportarten zu öffnen. Vorsichtig zwar; niemand soll überfordert werden. Yoga und Gesundheitskurse könnten ein Anfang sein. Man sucht und findet Kontakt zu Schulen und Kindergärten, bietet Trainer und Schnupperstunden an. „Wir müssen uns etwas Neues überlegen, sonst gehen wir mit unserer ganzen Tradition hier unter“, sagt Christian Mahnert-Lueg.

Die Beete am Eingang zum Vereinsgelände haben sie schon mal schön gemacht. Die Schranke steht offen. Einfach mal durchgehen und hineinschauen.