Essen. . Elfie und Uwe Biesok sind seit 20 Jahren ein Liebespaar – und seit einigen Jahren verheiratet. Das Besondere daran: Beide sind geistig behindert.
20 Jahre sind sie schon ein Liebespaar, vor drei Jahren haben sie sich standesamtlich trauen lassen und vor vier Monaten sind Elfie und Uwe Biesok vor den Traualtar getreten. Doch es ist eine Hochzeit, wie es sie nur selten gibt: Braut und Bräutigam sind geistig behindert.
Wer Elfie und Uwe Biesok das erste Mal gegenüber tritt, spürt sofort das innige Gefühl, das die lebhafte 65-Jährige und den 15 Jahre jüngeren Mann verbindet. Und die beiden zeigen auch gern ihre Liebe, halten Händchen, nehmen sich in den Arm und tauschen Zärtlichkeiten aus.
„Ich mag seine ruhige Art“, sagt Elfie Biesok. „Und ich liebe ihre frechen Sprüche“, ergänzt Ehemann Uwe. Dass sie sich gefunden haben, ist für beide ein großes Glück: Denn weder der 50-jährige Uwe Biesok noch seine Frau haben eine Familie, die hinter ihnen steht. Die Angehörigen wünschen keinen Kontakt.
Uwe und Elfie Biesok leben nicht in einer eigenen Wohnung
An den Tag, als ihr Mann ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, erinnert sich Elfie Biesok noch ganz genau. „Es war abends, wir saßen auf unserem Sofa und schauten fern. Da fragte mich Uwe plötzlich, was ich davon halte, ihn zu heiraten. Ich habe gelacht und Ja gesagt.“ Auch an ihren nächsten Schritt erinnert sie sich: „Ich bin sofort zu Kerstin Kraft gelaufen und habe sie gefragt, ob sie meine Trauzeugin werden will.“
„Ich habe mich wahnsinnig für die beiden gefreut“, sagt Kerstin Kraft. Die Fachkraft für Behindertenhilfe betreut das Ehepaar seit vielen Jahren. Denn Uwe und Elfie Biesok leben nicht in einer eigenen Wohnung, sondern im Haus Rüselstraße, einer Einrichtung für erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung.
Fotos an den Wohnzimmerwänden
Als das Haus 2005 neu erbaut wurde, hat der Träger, das Diakoniewerk Essen, direkt ein Apartment für das damals noch unverheiratete Paar mitgeplant. Statt zwei Einzelzimmer haben sie nun einen schönen Wohnraum, ein Schlafzimmer und ein gemeinsames Bad. Eine Küche brauchen sie nicht, gegessen wird gemeinsam mit den anderen Bewohnern im großen Aufenthaltsraum des Wohnheimes.
„Wir haben alles selbst eingerichtet“, sagt Elfie Biesok stolz. Auffallend sind die vielen Fotos, die im Wohnzimmer an den Wänden hängen. Die meisten davon zeigen ein und dasselbe Motiv: Das glückliche Paar vor wechselnder Kulisse. „Hier waren wir mit unserer Gruppe auf den kanarischen Inseln und dort in Griechenland“, erzählt sie. Mittendrin hängt an prominenter Stelle das Foto von der standesamtlichen Trauung vor drei Jahren.
Trauung in der Friedenskirche
„Diesen Tag werde ich nie vergessen“, sagt Uwe Biesok. Noch schöner aber war die kirchliche Trauung im März diesen Jahres. „Wir wollten unbedingt auch vor Gott versprechen, das wir immer zusammenbleiben.“ Als er seine Frau im Brautkleid sah „da musste ich schon ein wenig weinen. Elfie sah so wunderschön aus.“
Am Arm von Kerstin Krafts Vater, der den Brautvater ersetzte, schwebte die 65-Jährige in die Friedenskirche, wo ihnen Pfarrer Andreas Müller den Segen gab. Natürlich war auch die gesetzliche Betreuerin des Ehepaares als Gast dabei. „Die beiden sind ganz wunderbare Menschen, sie passen gut zusammen“, sagt Gisela Rott-Fuchs und räumt direkt mit einem gängigen Vorurteil auf: Für die Eheschließung selbst bedurfte es nicht ihrer Zustimmung. „Das gehört zu den ganz persönlichen Rechten auch von behinderten Menschen. Da darf jeder machen, was er will.“
Ziel für eine kleine Hochzeitsreise steht fest
Rott-Fuchs ist lediglich für die Gesundheitsfürsorge und Behördengänge zuständig und verwaltet die Finanzen. „Die beiden mussten erst drei Jahre lang sparen, bevor sie kirchlich heiraten konnten“, erklärt sie die große Zeitspanne zwischen der standesamtlichen und der kirchlichen Trauung. Denn wie jedes frisch getraute Ehepaar wollten Elfie und Uwe Biesok ihren großen Tag mit Freunden, Kollegen, Betreuern und Mitbewohnern in einem Restaurant feiern. Und sie haben sich schon ein Ziel für ihre kleine Hochzeitsreise gebucht: Im Advent geht es nach Würzburg auf den Weihnachtsmarkt.
Bis dahin leben die Eheleute ihren Alltag, gehen ihrer Beschäftigung in einer Behindertenwerkstatt nach und sitzen abends händchenhaltend vor dem Fernseher. „Das machen wir nämlich am liebsten“, sagt Elfie Biesok. Und Uwe nickt.
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