Essen. Rundgang durch das offene, weitläufige und repräsentative Thyssen-Krupp-Quartier. Stammhaus wurde vor 60 Jahren originalgetreu nachgebaut.
Der Rundgang durch das offene, weitläufige und repräsentative Thyssen-Krupp-Quartier beginnt mit einem nostalgischen Abstecher zu den Anfängen des Krupp-Konzerns. In dem vor bald 60 Jahren originalgetreu nachgebauten Stammhaus lässt Gästeführer Christoph Wilmer die Stahl-Legenden Friedrich und Alfred Krupp wieder lebendig werden.
„Krupps Geschichte beginnt mit einem Fehlschlag“, sagt er. Und erinnert daran, dass ausgerechnet Friedrich, der Gründer, ein „ökonomisches Desaster“ hinterlassen habe, als er 1811 beim Versuch scheiterte, englischen Gussstahl neu zu erfinden. Das Stammhaus erinnert deshalb an die bescheidenen Anfänge und an den vorübergehenden sozialen Abstieg der ehedem wohlhabenden Essener Kaufmanns-Dynastie Krupp. „Von der Stadtmitte ziehen die Krupps mit 10 000 Talern Schulden in das kleine Betriebsleiterhaus“, so Wilmer.
Zugleich werden hier die Weichen gestellt für den späteren Weltkonzern. Jahrzehnte lang lebt Stahlkönig Alfred Krupp (1812 – 1887) auf dem Werksgelände, zuerst im Stammhaus, später im Gartenhaus (heute Standort Möbel Kröger): inmitten von Ruß, Qualm und Lärm. „Wenn morgen meine Hämmer wieder gehen, habe ich mehr Musik, als wenn alle Geigen der Welt spielen“, sagte der Selfmademan nach einem Konzertbesuch mit seiner Frau.
Stammhaus ist im Zweiten Weltkrieg zerbombt worden
Das Stammhaus ist im Zweiten Weltkrieg zerbombt und zum 150-jährigen Jubiläum 1961 nur 35 Meter vom Originalstandort von Alfried Krupp neu aufgebaut worden. Außen schlichtes Fachwerk, Schiefer und grüne Läden mit Herzchen, davor flattert die historische weiße Krupp-Fahne mit den drei Ringen. Im „Comptoir“, dem Büro, deutet der Gästeführer auf Alfreds berühmtes Glaubensbekenntnis aus dem Jubiläums-Gedenkblatt 1873 an die Belegschaft. Darin heißt es: „Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein.“
Es war mal erwogen worden, das Stammhaus einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, sogar mit geregelten Öffnungszeiten. Doch davon ist schon lange keine Rede mehr. Insofern erleben die Leser – zeitversetzt in zwei Gruppen – einen recht exklusiven Blick in die Krupp-Geschichte.
Essen und Krupp – das ist auch für etliche Besucher persönlich eine hochemotionale Angelegenheit. Wie zum Beispiel für Leser Dieter Berger aus Burgaltendorf. Allein schon die aufwühlenden Umstände seiner Geburt verbänden ihn mit Krupp. „Ich bin in der Nacht vom 5. auf den 6. März 1943 geboren, als Essen vom schwersten Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg heimgesucht wurde.“ Ein Angriff, der vor allem der Kruppschen Gussstahlfabrik gegolten habe. „Später habe ich als Student im leider abgerissenen Turmhaus gearbeitet.
Thyssen-Krupp präsentiert sich heute als Global Player
Im 17 Hektar großen Thyssen-Krupp-Quartier, der neuen Konzernzentrale, präsentiert sich das Unternehmen heute als glanzvoller und innovativer Global Player. In dem im Campus-Stil errichteten Hauptquartier überragt das imposante, 50 Meter hohe Q1 die anderen Baukörper.
Von seiner ökologischen Seite präsentiert sich der Technologiekonzern in der Allee der Welten. Die markante Wasserachse ist im Grüne-Hauptstadt-Jahr einer sympathischen Gartenlandschaft gewichen, in der Mitarbeiter in der Pause sogar Tomaten ziehen können.
Leser Wolfgang Rafoth (79) aus Schönebeck hat fünf Jahre bei Krupp gearbeitet und 1961 die 150-Jahr-Feier miterlebt. „Mein Schwiegervater war 42 Jahre bei Krupp und dessen Vater sogar sein ganzes Leben.“