Essen. . Die Bauindustrie in Essen kümmert sich um die Integration von Flüchtlingen. Nur wenige haben bislang Arbeit. Und wenn, dann sind es Hilfsjobs.
- Im Ausbildungszentrum der Bauindustrie fand am Donnerstag ein Job-Speeddating für Flüchtlinge statt
- Viele der Projektteilnehmer sucht eine Arbeit, doch die wenigsten hatten damit bislang Erfolg
- Das Interesse an einer langjährigen Ausbildung ist dagegen gering, viele wollen vor allem Geld verdienen
Sherif Ahmed Abdel Hamid hat das, was die jungen Flüchtlinge, die ihm gegenüber sitzen, händeringend suchen: Arbeit. Abdel Hamid ist Inhaber der PTS Print Team Services aus Essen. Die Firma legt Zeitungen Werbebeilagen bei. Dafür braucht der Unternehmer relativ kurzfristig 20 neue Mitarbeiter.
Deshalb ist Abdel Hamid am Donnerstag ins Ausbildungszentrum der Bauindustrie in die Lüschershofstraße gekommen. Dort fand zum zweiten Mal ein Job-Speed-Dating für Flüchtlinge statt – organisiert vom Berufsförderwerk der Bauindustrie NRW.
Im 15-Minuten-Takt sitzen dem Unternehmer vier, fünf junge Männer gegenüber. Sie kommen aus Eritrea, Algerien, Aserbaidschan, Afghanistan, Syrien. Die meisten sind seit ein, zwei Jahren in Essen. Im Ausbildungszentrum haben sie in den vergangenen Monaten Deutsch gelernt, erste Erfahrungen in den Werkstätten gesammelt und hoffen nun, einen Job zu finden.
Ohne Arbeit keine Arbeitserlaubnis
„Haben Sie schon einmal gearbeitet? Haben Sie eine Arbeitserlaubnis?“ Fragen, die Abdel Hamid immer wieder stellt. Und auf die er fast immer die gleiche Antwort hört: nein. Denn ohne Arbeitsangebot gibt es für Flüchtlinge keine Aussicht auf eine Arbeitserlaubnis.
Vor zwei Jahren hatte das Berufsförderwerk sein Projekt „Integration von Neubürgern in die Bauwirtschaft“ gestartet. Von den knapp 100 Flüchtlingen, die in dieser Zeit betreut wurden, haben erst 13 eine Arbeit gefunden. Der Leiter des Ausbildungszentrums Karl-Heinz Bässler, will den Erfolg jedoch nicht allein an dieser Zahl messen. Denn etwa die Hälfte wird wohl bis zum Ende des Projektes im September das B1-Sprachniveau erreichen, das Voraussetzung ist, um überhaupt eine Chance auf Arbeit zu bekommen.
Langjährige Ausbildung ist nicht gefragt, sondern das schnelle Geld
Immerhin: Einer der Flüchtlinge arbeitet heute als Bauingenieur, ein anderer als Steinmetz, ein weiterer als Buchhalter. Das sind Ausnahmen. Für die meisten der 13, die einen Job gefunden haben, reichte es nur für eine Helfertätigkeit. „Wichtig ist, dass sie erstmal im Arbeitsleben Fuß fassen“, sagt die Projektleiterin Cagla Sorgun. Das sei wichtig, um die Sprache besser zu lernen. Später könnten sie von den Unternehmen immer noch qualifiziert werden.
Die meisten Flüchtlinge, erzählt Bässler, hätten kein Interesse an einer dreijährigen Ausbildung, wie sie in Deutschland üblich ist. „Sie wollen Geld verdienen, das sie ihren Familien schicken können.“ Keine guten Aussichten also, dass die Flüchtlinge das viel beschworene Fachkräfteproblem lösen werden? Bässler glaubt dennoch, dass sich die Flüchtlinge nach und nach qualifizieren werden. Ein Teil werde aber auch auf Helferniveau bleiben.
Sherif Ahmed Abdel Hamid würde gern Flüchtlingen eine Chance geben. Vier hat er bereits in seinem Unternehmen beschäftigt und gute Erfahrungen damit gemacht. „Sie sind fleißig, motiviert und zuverlässig“, sagt er. Viel mehr müssen die jungen Männer an Voraussetzungen dort auch nicht mitbringen. Denn auch bei der PTS geht es nur um eine Helfertätigkeit. 20 Stunden pro Woche für neun Euro die Stunde.
Einer seiner Mitarbeiter ist der Syrer Bashar Abou Nasser. Er hat in Damaskus ein Ingenieurstudium abgeschlossen. Mit seinem Lebenslauf in der Hand sitzt er Abdel Hamid gegenüber und fragt, ob es auch noch andere Arbeit bei ihm in der Firma gebe. Der Unternehmer kann verstehen, dass der 28-Jährige für die Arbeit eigentlich überqualifiziert ist. Auch einen Arzt beschäftigt er. „Aber die Flüchtlinge müssen erst einmal hier ankommen. Dafür ist die Arbeit wichtig“, sagt Sherif Ahmed Abdel Hamid, der selbst vor 15 Jahren nach Deutschland kam.