Essen. . Der Essener Thomas Olbricht zeigt im Museum Folkwang sämtliche Editionen von Gerhard Richter. Ein Begegnung mit einem leidenschaftlichen Sammler.
Die erste Richter-Schau im Museum Folkwang liegt 47 Jahre zurück. Klein, aber fein gab es damals eine erste Begegnung mit dem Kölner Künstler und seinem Auflagenwerk. Dass das Museum Gerhard Richter zu seinem 85. Geburtstag nun eine große, Jahrzehnte umspannende Werkschau ausrichten kann, ist dem Essener Sammler, Chemiker, Arzt und Kunstmäzen Thomas Olbricht zu verdanken, der über sämtliche Editionen des Weltstars verfügt. Mit vielen Werken, die einen Überblick über das abwechslungsreiche Schaffen Richters geben, verbindet Olbricht persönliche Geschichten vom Suchen und Finden der Richter-Kunst, über die er beim Ausstellungs-Rundgang erzählt. Längst gelten auch die Editionen, die Auflagenwerke, als rare Ware, die von Kunstvereinen per Losentscheid vergeben und auf dem Kunstmarkt hoch gehandelt werden.
Faszinierende Vielfalt zeichnet die Richter-Schau im Museum Folkwang aus. Zu den 173 ausgestellten Editionen gehören Drucke, Fotografien, Objekte, Gemälde, die der Essener Thomas Olbricht seit Anfang der
1990er-Jahre zusammengetragen hat. Heute ist er der einzige Richter-Sammler, der sämtliche seit 1965 entstandenen Editionen vereint hat. Anfangs sei Richter zwar eine feste Größe im Kunstmarkt gewesen, aber doch weit entfernt von den Rekordpreisen und dem Weltruhm, der ihn heute auszeichnet, hat Olbricht in seinem Sammler-Buch „Me Not“ erklärt, in dem er auch seine Begeisterung für die „Unterschiedlichkeit und insbesondere die Gleichzeitigkeit von figürlichen und abstrakten Werken“ beschreibt. Er teilt seine Begeisterung mit vielen Richter-Fans. Über 35 000 haben die Folkwang-Schau schon gesehen.
Das lange Ringen um die erste Richter-Edition
Um die erste Richter-Edition, den legendären „Hund“ von 1965, hat
Obricht lange gekämpft. Denn von ursprünglich acht Exemplaren des übermalten Siebdrucks existieren seines Wissens nur noch vier Drucke in gutem Zustand. Die erste Chance zum Ankauf habe er vertan, erzählt Olbricht, damals schien ihm der Preis zu hoch. Im zweiten Anlauf habe er diese Entscheidung freilich bedauert, lächelt der Sammler. „Aber wenn man eine komplette Sammlung haben will, dann braucht man das erste Werk.“
Die nackte Schöne auf der Treppe
Ema (Akt auf einer Treppe) gehört zu den berühmtesten Richter-Werken. Auf dem 1966 entstandenen Bild wirkt die klassische Richter-Unschärfe wie ein geheimnisvoller Schleier. 1992 hat der Künstler das Motiv dann wieder als Edition aufgegriffen. Einer der ersten Olbricht-Ankäufe.
Der Schädel und das Spiegelbild
Die jüngste Edition in der Ausstellung hat Thomas Olbricht auch Überzeugungskunst gekostet. Die Fotografien eines Schädelgemäldes
von 1983 sind eigens für die Ausstellung entstanden. Das Vergänglichkeitssymbol hinter Glas war eine Idee des Sammlers. Über die Ausgestaltung gibt es einen langen Briefwechsel, denn mit der Umsetzung sah sich der 85-jährige Richter offenbar nicht nur technisch herausgefordert: „Je näher man herantritt, desto besser sieht man sich selber“, sagt Olbricht. Die 17 Exemplare der Edition, die der Künstler dem Museum Folkwang zur Verfügung gestellt hat, sind längst vergriffen und dürften sich, wie jedes Richter-Werk, deutlicher Wertsteigerung erfreuen.
Das große Format: Richters Teppich-Quartett
Die Teppiche (hier zwei von insgesamt vier Arbeiten) gehören zu den spektakulärsten Ausstellungstücken. „Von dieser Edition habe ich zu spät
erfahren“, erzählt Olbricht. 2009 ist er mit der Eröffnung seines eigenen Museums in Berlin beschäftigt. Als zwei Jahre später die Nachricht kommt, dass eine komplette Auflage dieser großformatigen Tapisserien zum Kauf steht, reist er mit seiner Frau zum Galeriebesuch nach London – und denkt bis heute an den „erhebenden Moment“. Dass im Nebenraum ein arabischer Sammler sitzt und bereit ist, mehr Geld zu bieten, erfährt er erst später. Seine Richter-Leidenschaft hat wieder einmal überzeugt.
Große Köpfe, großes Format
Die 48 Porträts mit Bildern von Geistesgrößen, wie Max Planck oder Thomas Mann, hat Richter 1972 auf der Biennale von Venedig gezeigt. Die 1998 entstandenen Editionen hängen heute in Museen, so Olbricht, also unerreichbar für einen Sammler. Ein einziges Mal habe er Richter deshalb um eine zusätzliche Arbeit gebeten, erzählt der Sammler. „Er hat’s gemacht.“ Allerdings sei das Werk anders signiert. Somit eigentlich auch ein Unikat wie viele Editionen in der Ausstellung.
Die Ausstellung „Gerhard Richter. Die Editionen“ ist noch bis zum 30. Juli im Museum Folkwang, Museumsplatz, zu sehen. Eintritt 8/erm. 5 Euro. Öffnungszeiten: Di/Mi und Sa/So 10 bis 18 Uhr, Do/Fr 10 bis 20 Uhr.